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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 265
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0267
4. Die Freiburger Kreispflegeanstalt vom 1. Weltkrieg
bis zum Ende der Weimarer Republik

Der Wandel der Anstalt

Der Weltkrieg brachte rigorose Einsparungsmaßnahmen. Die einberufenen Wärter
wurden nicht ersetzt, ebensowenig wie der stellvertretende Hausarzt63 Dr. Erne, der
1915 fiel. In den Kriegsjahren wurde die Anstalt verstärkt mit Arbeiten auf fremde
Rechnung in Anspruch genommen, da es an Arbeitskräften mangelte. Darüberhinaus
wurde sie Sammelstelle für Brennesseln und Steinobstkerne zur Faserherstellung und
Olbereitung.64

Die Petroleumknappheit führte zur Installierung einer elektrischen Beleuchtung,
die in den Jahren zuvor bereits in der Küche und im Verwaltungsgebäude eingerichtet
worden war. Die Kost wurde drastisch reduziert, der Metallbeschlagnahmung fiel die
Kocheinrichtung aus Kupfer zum Opfer, die durch eine eiserne ersetzt wurde. Die
Zahl der Erkrankungen stieg sprunghaft an, 1917 starben 31 % der Insassen der Anstalt
. Dies war eine ungewöhnlich hohe Sterberate, zu der Mangelernährung und
Hunger entscheidend beitrugen. 1908 hatte die Mortalität 10.4 % betragen, eine Rate,
die erst 1921 wieder erreicht wurde.65

Der fortschreitende Krieg führte zu drastischen Raumbeschränkungen für die Anstaltsbewohner
. Zwei Stockwerke und das Erdgeschoß auf der Männerabteilung wurden
1917 der Militärverwaltung zur Unterbringung von Mannschaften und Gefangenen
überlassen, die Hautklinik erhielt Räume in der Frauenabteilung. Der ganze
Frauenbau II wurde erst 1921 wieder der Anstalt zur Verfügung gestellt.

Mit dem Jahr 1920 wechselten das Wartpersonal und die Leitung der Anstalt. Die
Barmherzigen Schwestern aus St. Trudpert übernahmen Pflege und Küche. Anselm
Adam, der seit 1885 im Dienst der Kreispflegeanstalt gestanden hatte, bat um „Beurlaubung
und Zuruhesetzung", und die Leitung der Anstalt wurde Wilhelm Späth
(1874—1952) übertragen.66

In der Weimarer Zeit änderte die Anstalt, nach außen hin fast unmerklich, ihren
Charakter. Aus einem dynamischen Unternehmen wurde immer mehr eine bloße
Aufbewahrungsanstalt für die unterste Schicht der Armenbevölkerung. Weltkrieg und
Inflation hatten zu einer Zunahme der Armut und zu einer Abnahme der öffentlichen
Finanzmittel geführt. Da das in Vorbereitung befindliche neue Fürsorgegesetz in Umkehrung
der bisherigen Tendenz wieder stärkeres Gewicht auf die offene Fürsorge
legte, gerieten die Anstalten an den Rand des öffentlichen Interesses. Dabei wurden
die Kreispflegeanstalten keineswegs weniger benutzt, im Gegenteil, die Belegungsziffern
der Freiburger Kreispflege stiegen während der Weimarer Zeit von durchschnittlich
500 auf 800 verpflegte Personen an.

Der Kampf um die Kosten

Angesichts der angespannten Haushaltslage des Kreises und der Stadt wurden die Kosten
der Kreispflegeanstalt zu einem ständigen Auseinandersetzungspunkt. Schon die
allernotwendigsten Reparaturarbeiten wurden zum Problem. Durch die Dächer regnete
es stellenweise durch, es mußten Fensterläden angebracht werden, um die Beobachtung
durch neugierige Nachbarn zu verhindern und um Heizkosten zu sparen. Die

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