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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 311
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0313
Dieser Brief kreuzte sich mit einem Schreiben Dr. Maitres vom 20. März 1939, indem
er seinerseits die Opernvorstellung absagte. Soeben, am 15. März, hatte die deutsche
Wehrmacht die Rest-Tschechoslowakei besetzt und Hitler damit sein — im Anhang
zum Münchner Abkommen auch schriftlich niedergelegtes — „Versprechen"
gebrochen, nun keine territorialen Forderungen mehr zu stellen. „Wir sind Zeugen
eines Aktes brutaler Erpressung und Unterdrückung eines Staates und einer zynischen
Verletzung des Völkerrechtes", schrieb Dr. Maitre. „Die Welt kennt jetzt den
Wert der Versprechungen des Führers und seine wirklichen Absichten. Wir übrigen,
die ehemaligen Frontkämpfer, die für das große deutsche Volk nur Gefühle der Achtung
und des Respektes genährt haben, sind tief berührt durch die offenkundige Ungerechtigkeit
dieses Gewaltstreiches (...)." „Mit tiefer Trauer" stellte er fest, wie sehr
sie getäuscht worden seien. Dem Freiburger Oberbürgermeister versicherte er dennoch
„ein treues Gedenken an unsere angenehmen persönlichen Beziehungen."42

Die Sperrung der Devisen deutete schon daraufhin, daß die Kriegsvorbereitungen
in die entscheidende Phase getreten waren. Friedensdemonstrationen wurden nicht
mehr benötigt. Am 1. September 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht in Polen
ein, zwei Tage später erklärte Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg, mußte jedoch
am 22. Juni 1940 kapitulieren. Aus einem Kriegsgefangenenlager schrieb Capi-
taine Georges Leroy am 20. März 1941 an den Freiburger Bürgermeister: „Seltsame
Verhältnisse veranlassen mich, mich in Ihr Gedächtnis zurückzurufen. Als Stadtrat
von Besangon war ich bei Ihrem Empfang im Rathaus anwesend und auch bei dem
Essen, welches bei dieser Gelegenheit den Freiburger Ehrengästen gegeben wurde;
ich freute mich in jener Zeit über die Einladung, Ihren Besuch bei Ihnen zu erwidern;
die Umstände haben es anders entschieden. Ich bin gegenwärtig Kriegsgefangener,
und ich bin am 2. Juli vormittags durch Freiburg marschiert; dies war nicht die Art,
wie ich hoffte, mit Deutschland und im besonderen mit Freiburg Kontakt aufzunehmen
."43

VI.

Der Krieg zerstörte die Hoffnungen und Wünsche der Menschen, ihr Friedenswille
werde stärker sein als die Absichten der NS-Politiker. Henri Pichot zog sich aus der
öffentlichen Tätigkeit zurück, Dr. Maitre schloß sich der Resistance an. Andere führende
Persönlichkeiten der französischen Frontkämpfer-Verbände mußten ebenso Soldat
werden, gerieten in Gefangenschaft, wurden verletzt oder getötet wie viele ihrer
deutschen Kameraden.44 Reichskriegsopferführer Oberlindober, zum SA-Obergruppenführer
— vergleichbar einem General — aufgestiegen, überlebte das „Dritte
Reich" und starb 1949.45 Reichsstatthalter und Gauleiter Robert Wagner konnte im
2. Weltkrieg seinen Amtsbereich auf das Elsaß ausdehnen. Unter seiner Verantwortung
wurden am 22. Oktober 1940 die Juden aus Baden — zusammen mit denen aus
der Pfalz und dem Saarland — deportiert. Ein französisches Kriegsgericht verurteilte
Wagner zum Tode. Am 14. August 1946 wurde er in Straßburg hingerichtet.46 Oberbürgermeister
Kerber nahm 1940 am Westfeldzug teil und kehrte erst 1943 in sein
Amt zurück. 1945 von den Franzosen verhaftet, wurde er am 4. September 1945 am
Schauinsland tot aufgefunden. Die Umstände seiner Ermordung konnten bis heute
nicht vollständig aufgeklärt werden.47

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