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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0083
der Befehlsverweigerung, am römischen Götzenopfer teilzunehmen, ließ Maximianus
jeden zehnten Thebäer hinrichten. Mauritius und seine Legion blieben standhaft, beteuerten
ihren militärischen Gehorsam, pochten aber auf das Recht der Religionsfreiheit
. Der Armeeführer habe daraufhin 302 die gesamte Thebäische Legion niedermetzeln
lassen.7

Diese Legende ist in der Frage nach ihrem historischen Kern nicht unumstritten,
und die Echtheit des Thebäer-Martyriums am Ort St. Moritz wird vielfach bezweifelt
. Doch bereits um 380 wird die erste Thebäerkirche nachweisbar. Und als Bischof
Eucherius von Lyon (443—450) die Legende niederschrieb, zog schon ein beachtlicher
Pilgerstrom zu den Gräbern der sagenhaften Märtyrer. Die Burgunder begannen
während des 5. Jahrhunderts im Wallis zu herrschen; sie übernahmen auch den
Mauritiuskult. König Sigismund stiftete 515 eine neue Basilika und zusätzlich ein
Kloster, das sich in jeder Hinsicht schnell zur Bedeutung aufschwang. Günstig am
Fuß des Großen Bernhard und in der Nähe des Genfer Sees gelegen, wo sich die
wichtige Handelsstraße über die Alpen in verschiedene Richtungen nach Norden
gabelte, sorgte das Kloster für eine Verbreitung der Mauritiusverehrung und dessen
Patrozinien ins Frankenreich. Bei der Übernahme der Besitzungen des ersten Burgunderreichs
machten sich die Merowinger auch die Pflege des Mauritiuskults zu eigen.
672 bezeichneten die Frankenherrscher den Thebäeranführer ausdrücklich als „patro-
nus noster". In der Folge bei den Karolingern galt das Kloster Saint-Maurice-
d'Agaune ebenso als eines der wichtigsten im Reich, und in den „laudes" wurde damals
Mauritius als Heeresheiliger angerufen. Am Niederrhein und in Bayern entwickelten
sich weitere Bereiche eines intensiven Mauritiuskults. Nach dem Ende des
Karolingerreichs stieg das Kloster Saint-Maurice-d'Agaune zur KrönungsStätte des
zweiten Burgunderreichs auf. Die Burgunderkönige verbanden sich als Titularäbte
des Klosters eng mit dem Mauritiuskult. Zur sogenannten Heiligen Lanze (Mauritiuslanze
, Longinuslanze), einer „Reliquie", die in der deutschen Reichsgeschichte noch
eine große Rolle spielen sollte, kam König Rudolf von Burgund, als er 922 auch
König der Langobarden in Norditalien wurde.8

Die Heilige Lanze

Als wichtigstes künstlerisches Beizeichen des heiligen Mauritius setzte sich die
Lanze durch, die mit der Heiligen Lanze des kaiserlichen Krönungs Schatzes gleichgesetzt
wurde. Allerdings bilden die spätmittelalterlichen Darstellungen des Mauritiusspeers
mit Wimpel oder Fahne nie die genauen Kennzeichen der Heiligen Lanze
ab,9 wie auch das Wandbild in der St. Albankapelle zeigt.

Die „Mauritiuslanze", ein „Zeichen des alten Reichs", ist eine einfache Flügellanze
aus Eisen. Sie gehört zu den Krönungsreliquien der deutschen Kaiser in der Wiener
Schatzkammer10 und wird zu den kostbarsten Reliquien der Christenheit gezählt.
Der blinde Hauptmann Longinus habe damit Christus am Kreuz die rechte Brustseite
durchstochen. Aus der Wunde flössen Wasser und Blut, Sinnbilder für die Taufe und
für das Altar Sakrament. Longinus hätten sich die Augen geöffnet und er habe sich
bekehrt. Der Lanzenstich sei zur Geburtsstunde der Kirche geworden. Kaiser Konstantin
d. Gr. (306—337) habe den Wert der Lanze erkannt und in die Mitte des

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