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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0114
monatelangen Trockenheit die Heuschrecken das spärliche Gras auf den Wiesen abfraßen
und danach in das Getreide einfielen und die Gemeinden sich veranlaßt sahen,
„um geistliche Mittel umzusehen " Dieses Mal überließ er die Aufgabe den Franziskanerpatres
von Kenzingen, die eine Prozession durch das Feld abhielten, dabei die
vier Evangelien lasen und an jeder Station Reliquien in die Erde eingraben ließen.
„Nach diesem haben sich zwar obige animalcula noch immer sehen lassen" so fügt
er humorvoll hinzu, „doch sind bald darauf die Staren-Vögel in großer Anzahl auf
den Wiesen erschienen, haben die Heuschrecken aufgefressen und wiederum von den
Bauern gefangen worden. Mithin hat sich ereignet, was verwunderlich ist: die Heuschrecken
haben das Heu? die Stare die Heuschrecken, die Bauern die Stare als ihre
Erlöser aufgefressen."71

Feingefühl und Eigenständigkeit kommen schließlich in seinem Urteil über die
schon genannte zehntägige Mission zum Ausdruck: „Die Wirkung war, daß viele verstockte
Herzen zur Büß und Beicht erweichet, hingegen aber auch viel zarte Gewis-

* *

sen in allerhand Scrupel und Ängstlichkeiten versetzt worden/'72

Auch die große Freude, mit der er die Primizfeiern ausrichtet, gehört zum Verständnis
seines Wesens. Bei der ersten, es ist die des Deutschordenspriesters Laurentius
Schindler, meint er, daß „dergleichen Ehre der hiesigen Gemeinde noch niemals
widerfahren4' sei. Mit Eifer und Stolz widmet er sich den aus seiner Pfarrei hervorgegangenen
Priestern, 1764 zählt er mit sich, dem ältesten, acht, ein weiterer kommt
drei Jahre später hinzu,73 Als ihm eine Base seines Großonkels ihr Vermögen im
Wert von etwa 600 Gulden vermacht, möchte er es für eine Stiftung zugunsten einer
Kaplanstelle verwenden. Amtmann und Gemeinden versagen ihm jedoch ihren Beitrag
dazu, und er ist tief enttäuscht, daß ihnen „an (der) Beförderung der Ehre Gottes
und des geistlichen Seelennutzes44 so wenig gelegen ist,74

Alles in allem ergibt sich das Bild einer reichen, vielschichtigen und teilweise auch
widersprüchlichen Persönlichkeit, Der Kern ihres Wesens ist unter der Vielzahl der
Züge nicht mit Sicherheit auszumachen. Der Verfasser des Diariums selbst will es
nicht und setzt damit auch unserem Nachforschen eine Grenze.

Anmerkungen

Der in runde Klammern gesetzte Text stammt vom Verfesser, Die Zitate sind, nach Möglichkeit, der heu
tigen Norm angeglichen worden.

1 J. König, Die Statuten des deutschen Ordens nach der Revision des großen Ordenskapitels zu Mer
gentheim 1606, in: FDA 16, 1883, S. 65—135.

2 Ebd. S. 89.

3 J. L. Weltin, Diarium, geführt 1739 1777, unveröffentlicht, hier S. 1.

4 GLA 21/6019, 21/6020. Bis etwa 1400 bestanden Pfarrei und Gemeinde Hausen aus den Orten Ober-
und Niederhausen. Danach waren die beiden Dörfer politisch getrennt, kirchlich blieb Niederhausen,
mit Unterbrechungen im 16. und 17. Jahrhundert, bis 1915 bei Oberhausen.

5 K. O. Müller, Beschreibung (Status) der Kommenden der Deutschordensballei Elsaß-Schwaben
Burgund im Jahre 1393 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in
Baden-Württemberg, Reihe A, 3. Bd.) 1958, S. 26ff.

6 EAR Bistum Konstanz, Spezialia. Pfarrakten Oberhausen, die Erledigung, Verwaltung und Wieder
besetzung der Pfarrei betreffend, 1737 1837, 14.10.1820.

? GLA 229/77647 14. 3.1579. Vgl. auch 229/77646.

8 H. Schreiber, Der deutsche Bauernkrieg, Bd. IIL 1866, S. 166.

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