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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0205
Bürgermeisters Wölfle einnehmen konnte. Mit Terror verfolgte Grüner auch die Kirche und
vor allem den Pfarrer Rögele, der sich mutig gegen die Nazi-Herrschaft wandte. Da diese Ereignisse
wohl in Morats eigene Erlebniszeit fallen, schildert er besonders plastisch die Repressalien
gegenüber dem Pfarrer und den nichtkonformen Gemeindemitgliedern. Der Namensvetter
Otto B. Roegele würdigt später in einem Kapitel die Verdienste des Pfarrers Rögele und
gibt einen Uberblick über dessen heimatliche Arbeiten.

Ausführlich widmet sich Morat der Land- und Forstwirtschaft sowie dem Gewerbe, wobei
er auf Vorarbeiten von Q Selb zurückgreift. Eindrucksvoll wird der Wandel der Erwerbsquellen
dargestellt, das früh einsetzende Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Wohnort, der Rückgang
der landwirtschaftlichen Vollbetriebe und der nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmende
Fremdenverkehr. Die Struktur des Handwerkerdorfes blieb durch die Holzvorkommen jedoch
erhalten, wovon die beiden Sägewerke noch heute künden. Die Getreidemühlen klappern dagegen
längst nicht mehr und auch die Pulvermühle gehört der Vergangenheit an. Schmiede
und Schindelmacher, Hafner und Uhrmacher gibt es heute keine mehr, dafür blüht der Fremdenverkehr
, der sehr früh durch die Initiative des Wirtes Ganter einsetzte. 1911 gründete dieser
einen Verein, der „die Verschönerung des Ortes Rötenbach und seiner Umgebung, sowie die
Pflege geselliger Unterhaltung" zum Ziel hatte und hat, wie das schmucke Dorf auch heute
beweist.

Das Kapitel über den Geigenbau (wie auch über das Wirtsgewerbe) basiert auf Vorarbeiten
des Pfarrers Rögele, überarbeitet von Morat und Gudrun Knöpfte. Man kann heute nur staunen
, in welchem Umfang dieser Ort sich einen Namen im Geigenbau wie auch bei der Hinterglasmalerei
geschaffen hat. Rötenbacher Produkte. Geigen, Uhren und Hinterglasbilder gingen
in die weite Welt hinaus, z. T. von Rötenbacher Handelsleuten selbst vertrieben, die
Kontakte bis nach Ungarn und Kroatien, nach Frankreich und in die Türkei, zu amerikanischen
und russischen Handelshäusern hatten.

Die englische Aufschrift eines Hinterglasgemäldes läßt ebenfalls auf Export schließen, wie
die Volkskundlerin Gudrun Hahner feststellt. Sie untersucht für Rötenbach Technik und Werk
des Malergeschlechts Winterhaider. Fünf Hinterglasbilder werden vorgestellt und durch Texterläuterungen
ergänzt.

Große Verdienste bei dieser Ortsgeschichte hat sich auch der 1952 als Lehrer nach Rötenbach
versetzte Otto Selb erworben, der sich neben einigen Aufsätzen zur Musik- und Wirtschaftsgeschichte
eingehend der Entwicklung der Rötenbacher Schule widmet. Fachkundig
und fundiert zeichnet Selb die in Rötenbach tätigen Schulmeister und Mesner von 1814 bis
1986 auf, befaßt sich mit ihrer Ausbildung und schildert deren (meist) sittlich guten Lebenswandel
. Die Entwicklung der Schülerzahlen wird ebenso in die Studie einbezogen wie die
wechselvolle Geschichte des Schulgebäudes und der Lehrerwohnung, veranschaulicht durch
Pläne und Abbildungen.

Erwähnenswert die Aufstellung Rötenbacher Hausnamen von Clemens Hensler, die durch
Einsichtnahme in alte Pläne und Akten ermöglicht wurde. Auf einer Ortsansicht von 1905
werden die einzelnen Höfe lokalisiert.

Einige Wünsche des Lesers bleiben bei diesem Heimatbuch (S. 94) allerdings auch offen:
Allzuknapp und kursorisch wurden die rund 600 Jahre unter fürstenbergischer Herrschaft abgehandelt
, und ebenso kurz wurde die Dorfentwicklung in der badischen Zeit skizziert. Beim
Thema Landwirtschaft vermißt man klare Aussagen zum Bewirtschaftungssystem: Es wird
weder von Flurzwang, noch von Ablösung der Brache durch verbesserte Dreifelderwirtschaft
gesprochen, obwohl „gewisse Fruchtfolgen" (S. 87) „ Roggen — Hülsenfrüchte — Hafer, wie
auch der Kartoffelanbau auf Anpflanzung der Brache deuten, Oder sollte es sich hier um die
wesentlich seltenere, nur auf schwach besiedelten Schwarz waldhöhen anzutreffende einfache
Fruchtwechsel Wirtschaft handeln? Die gemeinschaftlich geregelten Erntetermine (S. 86) las-

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