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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 97
(PDF, 38 MB)
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vor ihrem Schultheiß unter der Richtlaube verurteilt werden zu dürfen.441 Dieses
Vorrecht wurde 1372 und 1374 bestätigt.442 Schließlich fand das Gericht über Peter
von Hagenbach 1474 an dieser Stelle statt, wie der Breisacher Chronist Protasius
Gsell (1732—1793) und andere zu berichten wissen.443 Hagenbach sei nämlich nach
Gsell zum Tode verurteilt worden „allwo der Fischstein außerhalb des Radbrunnen
im Angesicht der Bürgerschaft" . . . „zumal diese Geschichte außerhalb Radbrunnen
angemalt gewesen und nachmals Überweiselt worden".444

Im gleichen Zusammenhang sind auch die Berichte des Basler Chronisten und
Stadtschreibers Hans Knebel sehr aufschlußreich.445 Danach ließ Hagenbach bei seinem
Einzug in die Stadt 1474 die Reiterei zusammenkommen ad palacium f quod est
ante hospicium judei . . . et convocata tota communitate oppidi de novo prestiterunt
juramentum. Daraus ergibt sich, daß der Versammlungsplatz und Ort der Eidesleistungen
der Bürgerschaft damals zwischen dem noch immer gelegentlich als Haus
zum Juden bezeichneten Lo(h)nhaus und dem hier als palacium erwähnten Radbrunnenturm
war.446 Daß letzterer als palacium gekennzeichnet wird, bedarf unserer
Aufmerksamkeit. Denn so wurde im Bereich des Oberrheins nur das dann am Fischmarkt
im Straßburger Marktgebiet seit etwa 1321 errichtete, später abgerissene Rat-
und Gerichtshaus dieser Stadt bezeichnet,447 Dies beruhte darauf, daß das bis dahin
in der Bischofspfalz südwestlich des Münsters tagende Stadtgericht in den Marktbereich
verlegt wurde und dort einen Neubau erhielt, auf den sich der bisherige
Name übertrug.448 Knebel, der sich nachweislich selbst in Straßburg aufgehalten hat
und der sich daher dort auskannte, übernahm öfter Mitteilungen auswärtiger Berich-
ter teilweise ziemlich wörtlich in seine Aufzeichnungen.449 Er könnte hier aber auch
den Bericht eines Straßburgers übernommen haben, der nach dem Vorbild seiner
Heimatstadt das Breisacher Gerichts- und zugleich Rathaus mit dem gewohnten
Namen palacium bezeichnete. Gemeint sein kann nur der Radbrunnenturm, dem das
als „Haus zum Juden" bezeichnete, auch Lo(h)nhaus genannte Gebäude östlich genau
gegenüber lag.450 (Vgl. Abb. 27) — Daß noch in der Mitte des 16. Jahrhunderts hoheitsrechtliche
Verwaltungsmaßnahmen im Radbrunnenturm getätigt wurden, beweisen
Angaben, nach denen 1539 die Bürgerrechte dort erkauft werden mußten.451
Dieses Gebäude hatte also nicht nur den Schutz des unter ihm befindlichen Stadtbrunnens
zu erfüllen. Das erweist eine Mitteilung des Chronisten Gsell, der offenbar
als gebürtiger Breisacher in seinen Jugendjahren den dann bald abgebrochenen älteren
Turm gekannt haben dürfte.452 Er gibt an, daß sich „in alten Zeiten in diesem
Turm ein großer Saal" befand und daß außerhalb von diesem, „dort wo sich seit dem
17, Jahrhundert die Hauptwache befand, der Blutrichter seine Todesurteile gesprochen
habe".453 Erinnert sei an die Aburteilung Hagenbachs an dieser Stelle.

Obwohl zugleich zum Schutz des Stadtbrunnens der Oberstadt dienend, war also
der Radbrunnenturm Sitz des Stadtgerichts und eines Teils der städtischen Verwaltung
. Damit entsprach das Gebäude den Aufgaben, welche die Beffrois des französisch
-niederländischen Raums im allgemeinen zu erfüllen hatten.454 Es ist daher zu
fragen, ob auch die übrigen im Westen zu findenen Funktionen zentraler Stadttürme
in Breisach ebenfalls nachzuweisen sind. An erster Stelle ist daran zu erinnern, daß
dort für die Zusammenrufung des Gerichts die städtischen Glocken ihren Platz hatten
, die zugleich bei Bränden und feindlichen Angriffen als Alarmglocken verwendet

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