Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 196
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0198
beim Tragen dieses Hutes in Toronto zuzog, bilden den eigentlichen Inhalt des Artikels
. Der Hut der Marke ,Fedora*5 den der Freiburg-Tourist im August 1922 für hundert
Mark erstanden hatte^ löste nämlich — wenn man dem Reporter glauben darf
— in der Straßenbahn von Toronto äußerstes Befremden aus. Argwöhnische Blicke
des Schaffners, kichernde Laute zweier Mädchen, witzelnde Bemerkungen, die den
halben Straßenbahnwagen zum Lachen brachten, aber auch direkte Gewaltandrohung
, veranlaßten den Besitzer des Hutes schließlich zum Verlassen des öffentlichen
Verkehrsmittels, aber auch zu einer gründlichen Begutachtung der Kopfbedeckung.
Auf dem Bürgersteig vor dem Rathaus verweilend, besah Hemingway den Grund des
öffentlichen Ärgernisses genauer und kam zu dem Schluß, daß es wohl das Beste sei,
sich einen neuen Hut zuzulegen, welcher der allgemeinen Konformität in Kleidungsfragen
die nötigen Zugeständnisse machen würde. Die Erinnerungen, welche der
Freiburger ,Fedora4~Hut in Hemingway darüber hinaus wachrief, verknüpfen die heitere
Anekdote mit den Stoffen seiner frühen Kurzgeschichten und Romane: „Auf dem
Bürgersteig nahm ich den Hut ab und sah ihn mir an. Kein Zweifel, er unterschied
sich von den anderen Hüten, die vor dem Rathaus an mir vorübergingen. Er war alt
und grün und hing an einer Seite herunter wie die Hüte, die Robin Hood und seine
Spießgesellen getragen hatten. Er hatte sich ziemlich verändert, seit ich ihn vor zwei
Jahren für hundert Mark in Freiburg im Breisgau gekauft hatte.

Dazu hatte ich mir für weitere fünfzehn Mark einen Clip gekauft, der mit einer
Ledertasche am Hosenträgerknopf befestigt werden konnte und den Hut festhielt,
wenn man barhäuptig wandern wollte.

Seit damals schien der alte Hut in jedem Land, in dem er Regen und Sonne und
Wind abgehalten hatte, ein wenig verloren zu haben. Die heiße Sonne der thrakisehen
Wüste hatte das Grün größtenteils ausgebleicht, die Gurte der schweren Schneebrillen
hatten ihn aufgescheuert, und er hatte auch nichts hinzugewonnen, als er in den
ausgedörrten Sand der Stierkampfarena geschleudert wurde."30

Der Kauf des Filzhutes, der Anfang 1924 noch derartige Spätfolgen zeitigte, hat
jedoch wiederum eher anekdotischen als biographischen Wert. Genaueres über die
nächste Haltestation der Touristen ist bereits aus viel früherer Quelle zu erfahren. Am
1. September 1922, sechs Tage nach Erscheinen der Straßburger Depesche, brachte
der ,Toronto Daily Star4 einen Beitrag seines Pariser Mitarbeiters, der „Freiberg,
Germany" als Ort der Berichterstattung nennt.31 Er trägt den Titel ,Die Deutschen
verzweifeln über ihre Mark' und spiegelt die Erfahrungen der Reisenden wider, die
sie während ihres mehrtägigen Aufenthaltes in der Stadt gesammelt hatten.32

Freiburg im August 1922: Welchen Eindruck die Stadt auf einen amerikanischen
Urlauber, der sich damals schon gerne als verwegenen Abenteurer sah und hochstilisierte
, ausgeübt hat, erfährt man heute, 70 Jahre danach, wiederum nur aus der Perspektive
des Journalisten. Hemingway hatte sicher weder die Zeit noch die nötige
Motivation, sich in die spezifische ökonomische Lage Deutschlands einzuarbeiten.
Auch der Freiburger Bericht sammelt im Grunde Eindrücke persönlicher Art, die mit
einer nüchternen Schilderung der gegebenen Lage vermischt werden. Die Depesche
vom L September war vor allem an ein amerikanisches Zeitungspublikum adressiert.
Es galt, die Neugier und das Interesse dieses Rezipientenkreises zu wecken und nicht
nur ein farbiges Bild der Stadt zu vermitteln, sondern auch die katastrophale wirt™

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