Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 243
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0245
sich viele Pfarrer zurück, teils aus Unentschlossenheit, teils aus Furcht, teils aus Bequemlichkeit
, teils weil sie sich auf Bibel und Gebet besinnen wollten.109 Viele
wollten einfach nur Seelsorger sein und in Ruhe ungestört Gottesdienst halten können
. Aus diesem Grund arrangierten sie sich so gut es ging mit den Verhältnissen,
ohne Hurra zu schreien, aber auch ohne Kritik zu üben oder gar Widerspruch zu erheben
und Widerstand zu leisten.

Uber die Rolle dieser Stillen im Lande läßt sich streiten. Haben sie verhindert, daß
die evangelische Kirche ganz auseinanderbrach und sich so selbst zerstörte? Waren
sie es sozusagen, die die Kirche getragen haben in dieser schweren Zeit? Oder waren
sie es, die verhindert haben, daß sich die Kirche wirklich auf ihr Bekenntnis besann,
sich auf die eigenen Füße stellte und selbständig, selbstbewußt und möglicherweise
auch wirkungsvoll dem totalitären Staat gegenübertrat?

Beides mag richtig sein. Ohne Zweifel haben sie eine totale Spaltung verhindert,
haben aber zugleich auch einer grundlegenden Neubesinnung im Wege gestanden.
Von Amts wegen zwischen den Fronten stand der damalige Dekan, Kirchenrat Schäfer
. Er stand vor der Aufgabe, die zerstrittene Pfarrerschaft irgendwie doch noch zusammenzuhalten
. Einige Pfarrer verweigerten ihm aus kirchenpolitischen Gründen
die Zusammenarbeit und lehnten es schlichtweg ab, an den Pfarrkonferenzen teilzunehmen
und dort gar noch ein Referat zu halten.110 Kirchenrat Schäfer hat sehr
unter dieser Situation gelitten und immer wieder versucht, zu vermitteln und die Pfarrerschaft
an einem Tisch zusammenzubringen. Das Dekansamt hat ihm viel abverlangt
und er war froh, als Pfarrer Horch ihn im Frühjahr 1939 in dieser Funktion
ablöste.

Pfarrsynoden in schwierigen Zeiten

Trotz erheblicher Schwierigkeiten und eines zeitweiligen Verbotes von Seiten der
Kirchenleitung111 bemühte man sich in Freiburg, die Abhaltung von Pfarrsynoden
beizubehalten. Wie sehr diese Treffen vom damaligen Zeitgeist abhängig waren,
zeigte die Pfarrsynode vom 2. März 1936 mit dem Schriftsteller Gustav Adolf Gedat,
damals eine bekannte Persönlichkeit, der ein Referat übernommen hatte. Darin schilderte
er die Gegenwart als „eine Zeit des Umbruchs, wie wir sie seit der Reformation
nicht mehr erlebten". Es ist eine Zeit der Auseinandersetzung nach drei Fronten: mit
dem Weltbolschewismus, mit der Rasse und mit der Religion bzw. Weltanschauung
.112 Im Rückblick lesen sich seine Ausführungen haarsträubend, wenn Gedat in
den schaurigsten Farben das Erstarken der schwarzen, der gelben und der jüdischen
Rasse beschreibt und den Untergang des Abendlandes heraufziehen sieht. In diesem
Entscheidungskampf seien ausgerechnet „die Blicke der christlichen Welt auf
Deutschland gerichtet". Das hat damals scheinbar Eindruck erweckt und manch einer
hat sich wohlgefühlt in dem Bewußtsein, daß das „Schicksal der Welt" in seine
„Hand" gelegt sei, wie Gedat versicherte. Auch der Oberkirchenrat fand lobende
Worte für diese Pfarrkonferenz, die durch den Schriftsteller Gedat „eine besondere
Note bekommen" und sich auf einer „erfreulichen Höhe" bewegt habe. Gleichzeitig
bemängelte der Oberkirchenrat aber, daß sich dennoch einige Geistliche nicht zur
Teilnahme hatten bereitfinden können. Gewissensgründe dürften bei diesen Veranstaltungen
, die immerhin Dienstpflicht seien, nicht geltend gemacht werden.113

243


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0245