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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 249
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0251
Repräsentant der kompromißbereiten Landeskirche. Die Versuche der Freiburger
Professoren, Helmut Thielicke zu bereden, schlugen fehl. Obwohl Thielicke wußte,
„wie es mit der Kirche und den Brüdern dort fin Baden] steht, und wie sie tatsächlich
wohl jemand von auswärts brauchen44, lehnte er ab. Er wollte nun erst einige Zeit der
„akademischen Jugend" gehören, und außerdem fühlte er sich zu jung für dieses
Amt.139 Auch Erik Wolfs Versuch, Eduard Thurneysen zu gewinnen, scheiterte.

Schon an diesen Personalfragen zeigte sich, wie eng die Grenzen für einen Neuanfang
nach dem Krieg gezogen waren. Von einer „Stunde Null" zu reden ist unsinnig,
es gab sie nicht. Der Krieg war zu Ende, und darüber war man froh. Im Rückgriff
auf alle aufbauwilligen Menschen und alle auch nur einigermaßen brauchbare Strukturen
begann man die Verhältnisse in Kirche und Staat wieder zu ordnen. Viele ehemalige
Deutsche Christen wurden stillschweigend integriert, denn man war auf ihre
Mitarbeit angewiesen. Ihr Führer, Pfarrer Kölli, war noch während des Krieges jung
verstorben. Für kurze Zeit wurde sein Vorgänger zu seinem Nachfolger. Pfarrer Dr.
D. Paul Jäger versorgte die Ludwigsgemeinde, bis er auf äußeren Druck hin die Pfarr-
vertretung dort aufgeben mußte. Ebenso wurde Pfarrer Hermann Bujard (Melanch-
thongemeinde) im Herbst 1945 auf Grund seines Engagements für die Deutschen
Christen für einige Zeit suspendiert.140

So mag es fast ein Zeichen sein, daß die neue Ludwigskirche an einer anderen
Stelle wieder aufgebaut wurde und nur ein paar alte Steine erinnernd mahnen. Darin
liegt eine eigentümliche Spannung, die die jüngere Kirchengeschichte kennzeichnet:
verbunden zu sein mit den Jahren zwischen 1933—1945 und allem, was an Gutem
wie an Schlimmem sich ereignete, und doch nicht allzu eng dazugehören zu wollen.
Es war in der Tat ein schwieriges Jahrzwölft für die Evangelische Kirchengemeinde
Freiburg. Zum besseren Verständnis müßte man die äußeren Faktoren stärker berücksichtigen
, wie etwa das Verhältnis zur katholischen Kirche, das Verhalten der städtischen
Institutionen und der Partei vor Ort. Ebenso wäre die soziologische Struktur
der Evangelischen Kirchengemeinde zu beachten und wären Zeitzeugen zu befragen,
so lange dazu noch Gelegenheit vorhanden ist. Festzuhalten bleibt, daß gerade in der
Evangelischen Kirchengemeinde Freiburg die Frage nach dem Wesen und Auftrag der
Kirche und ihr Verhältnis zum Staat sehr intensiv und kontrovers diskutiert worden
ist.

Anmerkungen

1 Die nachfolgenden Ausführungen sind im Zusammenhang mit der Ausstellung „Widerstand und Nachkriegsplanung
1933 1945" entstanden» an deren Vorbereitung der Vf. beteiligt war. Für fachliche Diskussion
und Auskünfte danke ich Dagmar Rübsam, Elsbeth Grathwohl, Anette Völker, Ruth Bausenhart
und Prof. U. Kluge sowie den Pferrern i. R. Dekan Frido Ritter, Rolf Schade, Martin Huss, Dekan
Arnold Hesselbacher und Rudolf Bösinger. — Die Ausstellung ist dokumentiert im Katalog: Der
„Freiburger Kreis". Widerstand und Nachkriegsplanung 1933 1945? hg, v. Dagmar Rübsam und H.
Schädek mit einer Einführung von E. Schulin (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg
im Breisgau 25) 1990.

2 H. Hurten, Zehn Thesen eines profanen Historikers zur Diskussion um den Widerstand der Kirchen
in der nationalsozialistischen Zeit, im Kirchliche Zeitgeschichte 1, 1988, S. 116 117.

3 U. Kluge, Der „Freiburger Kreis" 1938—1945. Personen, Strukturen und Ziele kirchlich-akademischen
Widerstandsverhaltens gegen den Nationalsozialismus, in: Freiburger Universitätsblätter 1024
1988, S. 19 40, hier S. 39 f.

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