http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0011
Est in Alsaciae partibus castellum Brisicau.
Breisach als Schauplatz der politischen Geschichte
im 10. Jahrhundert *
Von
Thomas Zotz
Est in Alsaciae partibus castellum Brisicau patrio vocabulo nuncupatum, quod et
Rhenus in modum insulae cingens et naturalis ipsa loci asperitas munit} „Es liegt
im Gebiet des Elsaß eine Burg, in der heimischen Sprache Breisach genannt, gesichert
sowohl durch den Rhein, der sie wie eine Insel umströmt, als auch durch die
natürliche Schroffheit des Ortes." So beschreibt Liudprand von Cremona, ein um die
Mitte des 10. Jahrhunderts an den Hof König Ottos I. geflüchteter Langobarde und
bedeutender Geschichtsschreiber seiner Zeit, den Ort Breisach,2 dessen mittelalterlicher
Anfänge zu gedenken die Eröffnung des „Museums für Stadtgeschichte Breisach
am Rhein" am 25. Oktober 1991 Anlaß gab. Liudprands Worte zur Lage und
Eigenart dieser historischen Stätte führen dabei wesentliche Merkmale Breisachs vor
Augen, nämlich seinen doppelten natürlichen Schutz, gegeben zum einen durch den
steilen, aus der Niederung der Rheinebene mit knapp 50 m Höhe eindrucksvoll herausragenden
Basaltfelsen, zum anderen durch die Insellage inmitten des Rheines.3
Es ist leicht einsichtig, daß eine solche Begünstigung durch die Natur Breisach seit
alters für die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes attraktiv machte, und so lassen
sich denn auch gesicherte Spuren einer Besiedlung seit der jüngeren Urnenfelderkul-
tur, also seit etwa 1000 v. Chr., nachweisen. Von besonderer Bedeutung erscheint
aber die Entwicklung des Ortes seit ca. 500 v. Chr., dem Übergang von der eisenzeitlichen
Hallstatt- zur LaTene-Kultur; denn damals wurde das ovale Plateau der Erhebung
durch die künstliche Verfüllung einer Senke in der Bergmitte hergestellt. Dies
geschah wohl in herrschaftlichem Auftrag, so daß wir hier einen frühen „Fürstensitz
" vermuten dürfen. Damals begann offensichtlich jene Funktion Breisachs als
eines herrschaftlichen Zentrums, die die vorstädtische Geschichte des Ortes und dabei
vor allem die Zeit des 10. Jahrhunderts ausmacht, von der hier genauer die Rede
sein soll.
Ins Licht der schriftlichen Überlieferung trat Breisach in spätrömischer Zeit, als,
bedingt durch die Alemanneneinfälle des späten 3. Jahrhunderts, der Limes an den
Rhein zurückgenommen worden war.4 Im Zuge dieser Maßnahme hatten die Römer
in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts ein Kastell auf dem Breisacher Berg, auf dem
mons Brisiacus, zur Grenzverteidigung angelegt.5 Hier machte Kaiser Valentinian I.
im Jahre 369 auf dem Weg durch das Imperium Romanum Station und erließ ein
Edikt.6 Sein Aufenthalt ist vor dem Hintergrund der politisch-militärischen Situation
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