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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 81
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dung einer künftigen Zahnmedizinergeneration sowie Schaffung eines geachteten und
angesehenen Berufstandes — zu gewinnen. Spätestens ab Mitte der achtziger Jahre
des vergangenen, wissenschaftsgläubigen Jahrhunderts setzte sich Langsdorfs mehr
und mehr für eine integrative Sicht des Menschen und seiner körperlichen und geistigen
Erkrankungen ein. Als überaus überzeugter Anhänger eines theistischen Okkultismus
bekamen Seele und Moral für ihn eine große Bedeutung. In seinen letzten drei
Lebensjahrzehnten erhielt deshalb die Sinnfrage zentrale Bedeutung. So schreibt er
1913 im Vorwort zu seinen Lebenserinnerungen: „Die Vorsehung, Gottheit, Weltgeschichte
, Zeitgeist, Fortschrittsgesetz, oder wie man es nennen mag, weiß es besser
als wir (uns noch in der Kindheit befindlichen Menschheit), welche Mittel notwendig
sind, um uns Menschen zu immer größeren und reiferen Erkenntnissen zu bringen
;, warum wir unsere Existenz auf dieser Welt erhalten haben. Ja, warum? Zu welchem
Zweck habe ich meine Existenz erhalten??"

Unter großer Einsatzfreudigkeit vorwärtsstrebend, so läßt sich ganz knapp der Erfolg
Langsdorffs erklären. Intelligent und breit interessiert, handwerklich begabt,
souverän und wortgewandt im Auftreten, aus einer angesehenen Familie stammend,
bis ins hohe Alter von bemerkenswerter Agilität, so erwarb sich Langsdorff nicht nur
die Bewunderung seiner Umgebung, sondern auch deren engagiertes Mittun. Hinderlich
war sein bisweilen aufbrausendes Temperament. Seine zunehmenden spiritistischen
Neigungen waren seinem gesellschaftlichen Ansehen in der katholisch geprägten
Kleinstadt Freiburg eher abträglich.

Georg von Langsdorff entstammte einer bekannten Familie: sein Großvater väterli-
cherseits war Gottlieb Amilius Langsdorff,2 letzter nassauischer Oberamtmann im
badischen Lahr., später Landvogt in der Kurpfalz. Seine berufliche Karriere beendete
er als Direktor am Großherzoglichen Oberhofgericht in Mannheim. Sein Vater Georg
Heinrich3 (1774—1852) wurde nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften
in Göttingen Leibarzt des Prinzen Christian von Waldeck in Portugal, wo
er sich späterhin als selbständiger Mediziner niederließ. 1803 zum korrespondierenden
Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St, Petersburg ernannt
, nahm er im gleichen Jahr auch an der ersten russischen Weltumsegelung unter
Kapitän von Krusenstern teil (1803—1807). Die Ernennung zum ersten russischen Generalkonsul
in Brasilien Erhielt er 1812. In den folgenden beiden Jahrzehnten widmete
sich Georg Heinrich von Langsdorff aber vor allem der botanischen zoologischen
und geologischen Erforschung seiner neuen Heimat. Von 1825—1829 leitete er eine
großangelegte Expedition ins Innere Brasiliens, in deren Verlauf er an Malaria und
Gehirntyphus erkrankte. Dadurch sah sich die Familie Langsdorff gezwungen, mit
ihren fünf Kindern nach Europa zurückzukehren. Georg war der am 15. Juli 1822 in
Rio de Janeiro Erstgeborene. Seine Kindheit verbrachte er bis zu seinem neunten Lebensjahr
auf dem großen Landgut Mandioca, das sein Vater 1816, also sechs Jahre
vor der Eheschließung mit der 27 Jahre jüngeren Cousine Wilhelmine (Tochter des
württembergischen Majors Alexander von Langsdorff) erworben hatte. Neben ihr
kümmerten sich die Großmutter und eine weiße Wärterin um die Erziehung; Spielkameraden
waren die Geschwister und Kinder der Negersklaven, die sein Vater im
Landbau — Georg Heinrich von Langsdorff gehörte zu den Pionieren des Kaffeeanbaus
in Brasilien — beschäftigte. Später erteilte ein pensionierter Major von Sevelo

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