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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 89
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0091
dazu hatte er in seiner damals bereits fünf Jahre währenden zahnärztlichen Praxis in
USA gesammelt.

Hatte er sich mit oben genannten Buch an Rat suchende Kollegen gewandt, war
sein ebenfalls 1863 erschienenes Buch „Katechismus über die Frage: Was muß für
die Erhaltung der Zähne geschehen?" für den informationshungrigen Patienten geschrieben
. Langsdorff wollte mit dem „Katechismus" dem oft von Patienten geäußerten
Wunsch entsprechen, das nachlesen zu können, was er während der Behandlung
an Erläuterungen gab. Dem heutigen Leser vermittelt die 40seitige Lektüre einen guten
Einblick in den damaligen Stand der Zahnheilkunde. Unter Langsdorfs Kollegen
rief das Buch Empörung hervor und führte zu seinem sofortigen Ausschluß aus dem
Centrai-Verein der deutschen Zahnärzte: man war nicht bereit, die geringschätzigen
Bemerkungen und Angriffe Langsdorffs hinzunehmen. Zudem ließ er sich öffentlich
über die Honorierung zahnärztlicher Bemühungen aus.

In den folgenden zwanzig Jahren bewies Langsdorff eindeutig, daß es ihm zu keinem
Zeitpunkt um die Diffamierung seiner Kollegen gegangen war, sondern um den
Dienst an der Sache, u. a. um die Schaffung universitärer Ausbildungsstätten mit dem
Hauptziel, das Fach Zahnheilkunde in jeder Hinsicht aufzuwerten.24 Er wollte es
der Chirurgie ebenbürtig wissen und es nicht in Händen lizensierter Praktiker sehen,
die es so sehr in Mißkredit gebracht hätten. Langsdorff ging dann konsequent den
Weg über Wachrütteln der Kollegenschaft bis hin zu dem offiziellen Gesuch an die
Universität Freiburg25 1877, das Fach Zahnheilkunde erstmalig in Deutschland zu
etablieren. In seinem Schreiben an den Senat der Universität legte er zudem genau
dar, wie dieser Studiengang inhaltlich und organisatorisch zu realisieren wäre. Seine
eigene gute Ausbildung in USA — er war 1861 am Ohio College of Dental Surgery
zum DDS graduiert worden —, sein jahrelanges Studium der in- und ausländischen
Fachpresse, seine 130 zahnmedizinischen Veröffentlichungen, seine engagierte Arbeit
im Vorstand des Centrai-Vereins (insbesondere in der Kommission, die sich mit der
Errichtung zahnärztlicher Lehranstalten beschäftigte) und nicht zuletzt seine praktischen
Erfahrungen als inoffizieller Lehrer und Examinator an der Medizinischen Fakultät
in Freiburg prädestinierten ihn zu einem echten Vorkämpfer für das ehrgeizige
Ziel. Er war bereit, unentgeltlich Vorlesungen zu halten und auch der Freiburger
Universität einen Operationsstuhl zur Verfügung zu stellen. Es war seine Meinung,
daß nur Opfer seitens der Kollegenschaft die Regierung veranlassen könnten, Geld™
mittel zur Verfügung zu stellen und Gesetze gegen das Kurpfuschertum zu erlassen.
Langsdorffe Gesuch wurde abschlägig beschieden; man sehe zwar die Notwendigkeit
eines zahnärztlichen Lehrinstitutes, allein die benötigten Mittel seien nicht zu beschaffen
. Zudem würden Langsdorff die medizinische Approbation und die vorgeschriebene
Habilitation fehlen, um an dem neu geschaffenen Institut als Dozent wirken
zu können. Sieben Jahre später entstand in Berlin die erste universitäre
Ausbildungsstätte für den neuen Studiengang Zahnheilkunde, in Freiburg war es
fünfzehn Jahre später soweit.26 Georg von Langsdorff war damals 70 Jahre alt und
hatte sich schon Jahre zuvor vollkommen von der Zahnmedizin abgewandt. In seinen
— leider nicht ganz kompletten — Memoiren geht er mit keinem Wort auf all das
oben Geschilderte ein.

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