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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 157
(PDF, 29 MB)
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mernden Namen" ins Auge gefällen seien. Voller Ironie schlug das Zentrumsblatt
seine eigene „Festordnung" für das sozialdemokratische Ereignis vor:

„L Nur rotgekleidete Personen haben Zutritt zu der mit rotem Tannreis prächtig
geschmückten Festhalle. 2. Sämtliche Besucher haben zu Ehren der Hauptrednerin
mit rosaroter Rose im Knopfloch, roter Kravatte und roter Ballonmütze in rosigster
Stimmung zu erscheinen, (Nur die Nase darf auf besonderen Wunsch eines Parteimitgliedes
nicht rot sein,)" 19

Fünf Tage zuvor hatte die konservative Zeitung noch einen aggressiveren Tön angeschlagen
. Im Zusammenhang mit dem Freiburger Redeverbot für einen „Jesuitenpfarrer
, welcher über Religion sprechen" wollte, empörte sich die Zeitung, daß im
Gegensatz dazu der „sozialdemokratischen Hetzrednerin Rosa Luxemburg [. , ,]
polizeilich nichts in den Weg gelegt" worden sei, um „in hiesiger Stadt [zu] sprechen
", Wenn einer „Rednerin, welche also gegen den Staat aufreizt, [. . . und] dazu
noch Ausländerin ist, die Erlaubnis erteilt wird, in unserem Vaterlande zu sprechen,
so wäre es nicht mehr als recht und billig, auch die Jesuiten sprechen zu lassen, die
zudem zum größten Teil Deutsche sind."20

Die Protestversammlung mit Rosa Luxemburg im Freiburger Stadtgarten wurde, so
registrierte die „Volkswacht" lakonisch, „polizeilich überwacht". Für Rosa Luxemburg
war diese Form obrigkeitsstaatlicher Kontrolle keine neue Erfahrung. Die Polizei
war auf ihrer Protestreise stets gegenwärtig, seit sie durch ihre Publizität den öffentlichen
Stellen doppelt gefährlich erschien. So hatte etwa der preußische
Innenminister am 4. März 1914 den Regierungspräsidenten in Wiesbaden in einem
Geheimschreiben angewiesen, öffentliche Zusammenkünfte mit der „sozialdemokratischen
Agitatorin Luxemburg", die als „Vertreterin der radikalsten Anschauung der
Sozialdemokratie bekannt" sei und deren „leidenschaftliche Reden" eine hochgradig
indoktrinäre Wirkung auf die Zuhörerschaft ausübten, in Zukunft besonders hartnäckig
zu beobachten. Ab sofort sei durch den Polizeipräsidenten darauf hinzuwirken
, daß Rosa Luxemburgs Auftritte regelmäßig „durch einen Beamten zu überwachen
sind", Auch könnte es darüber hinaus ratsam sein, zivile Spitzel in die
Versammlungen einzuschleusen.21 Die strenge Anordnung aus Preußen erging wohl
auch deshalb, weil es keine vierzehn Tage zuvor auf einer der frühen Frankfurter Protestversammlungen
gegen die Verurteilung Rosa Luxemburgs zu einem Zwischenfall
gekommen war: „Nach Schluß der Versammlung kam es zu einem Zusammenstoß
mit der Polizei, die die Straßen absperrte. Es gelang aber plötzlich der Genossin Luxemburg
, in Begleitung zweier Parteigenossen unerkannt die Schutzmannskette zu
durchbrechen "22

Wie die preußischen Sicherheitsbehörden sahen auch die badischen eine große Gefahr
in Rosa Luxemburgs agitatorischer Kraft und mobilisierten ängstlich ihren Uber-
wachungsapparat. Unmittelbar vor der Freiburger Rede schrieb das Großherzogliche
Bezirksamt Freiburg an das badische Innenministerium: „Wir beabsichtigen, im Hinblick
auf die Person der Rednerin die Versammlung überwachen zu lassen, würden
es aber auch für zweckmäßig halten, die Rede stenographisch aufnehmen zu lassen,
[. ..] So bitten wir geziemend um die Erlaubnis, einen Stenographen für die erwähnte
Versammlung bestellen zu dürfen." Die Antwort aus Karlsruhe folgte auf den
Fuß, die Übernahme der Kosten von 20 Mark pro Stunde wurde zugesagt,23

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