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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 179
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0181
Zwangsarbeiter während des
Zweiten Weltkriegs in Baden

Von

Bernd Boll

Eine Momentaufnahme vom September 1940, Schauplatz ist die Ortenau: In Offenburg
sind kriegsgefangene Franzosen eingetroffen, ein Soldat der Wehrmacht hat den
Befehl, mit zwanzig von ihnen nach Zell-Weierbach zu marschieren. Er soll sie dort
bei einem Betrieb abliefern, der Kriegsgefangene angefordert hat. Am Morgen des
9. September setzt sich das Kommando in Marsch. Angekommen, stellt sich jedoch
heraus, daß die Fabrik nicht alle Franzosen beschäftigen kann. Schließlich wählt die
Firmenleitung unter den Gefangenen zehn für sich aus. Die Männer sind hungrig, seit
gestern haben sie nichts gegessen. Deshalb beschließt der Kommandoführer, mit dem
Rest seiner Gruppe im Gasthaus „Sonne" ein Mittagessen einzunehmen. Anschließend
treten sie den Rückmarsch nach Offenburg an, wo sie um drei Uhr nachmittags
eintreffen,1

Hier hat man für sie Verwendung. Schon seit Wochen hat die Stadtverwaltung versucht
, sich von der Wehrmacht Kriegsgefangene zur Bearbeitung des städtischen Gartens
zuweisen zu lassen. Dort werden seit dem Frühjahr keine Blumen mehr angepflanzt
, man hat zur Verbesserung der Ernährungslage auf Gemüseanbau umgestellt.
Außerdem sind mehrere Gärtner zur Wehrmacht eingezogen worden, für die dringend
Ersatz gesucht wird,2

Da kommen die Franzosen gerade rechtzeitig, Sie sind schnell verteilt: zwei von
ihnen erhält die Krankenhausgärtnerei, drei die Stadtgärtnerei und fünf das Stadtbauamt
für landwirtschaftliche Arbeiten, Ein Quartier ist vorhanden, denn im Juli hat
die Stadt eine ehemalige Badeanstalt als Lager für Kriegsgefangene eingerichtet,
ebenfells Franzosen, die bei Offenburger Gärtnern und Bauern arbeiten,3 — Eine
Szene, wie sie sich in diesen Tagen überall in Baden abspielen konnte. Die Gefangenen
aus dem Krieg gegen Frankreich wurden zu Hunderttausenden zur Zwangsarbeit
nach Deutschland geschafft, wie ein halbes Jahr zuvor die polnischen Kriegsgefangenen
. Sie hatte die Wehrmacht gleich nach dem Sieg über Polen ins Reich gebracht,
eben noch rechtzeitig zur Kartoffelernte. „In unserer Filiale Siensbach", schrieb der
katholische Pfarrer von Waldkirch Ende November 1939 an Erzbischof Groeber in
Freiburg, „sind seit einer Woche 20 polnische Gefangene untergebracht Die Unter-
kunft finden sie in einem größeren Saal des dortigen Rathauses. Werktags müssen sie
arbeiten bei den Bauern von morgens 8 bis abends 5 Uhr, mit 1 Stunde Mittagspause,
Sie erhalten beim Bauern Frühstück, Mittagessen und Abendessen/'4 Wie in Offenburg
und Waldkirch arbeiteten in vielen badischen Gemeinden Kriegsgefangene: in
der Landwirtschaft, bei Gärtnereien und im Straßenbau.

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