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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0023
Quelle zur Geschichte von Handwerk und Gewerbe, für die die Verfasser schriftlicher
Quellen sich meist weniger interessiert haben. Immerhin liegen Tausende mehr
oder weniger detailreicher Abbildungen vor. Seit einigen Jahrzehnten ist man dabei,
auch solche Quellen systematisch zu erschließen (Binding Nr. 220, Husa Nr. 196,
Gimpel Nr. 186, Garnier Nr. 179 f), Ornamenta Nr. 229, Parier Nr. 230 u. a.). Einen
Glücksfall stellt das Freiburger Münster für Forscher und interessierte Betrachter
auch insofern dar, als es eine eigene Bauhütte hat; diese pflegt das Erbe alter Handwerke
und gewinnt bei mehr oder weniger weit gehenden Erhaltungsarbeiten Einblick
in frühere Techniken.

Ein Gesamtkunstwerk bildet das Münster noch in folgender Hinsicht: Im Dienst
der Liturgiefeier steht das Werk von Architekt, Steinmetz, Maler, Schneider, Musiker
(bezeichnenderweise fehlt der Tanz; er galt zeitweilig als Ausdruck teuflischer Versuchung
). Auch Sinne wurden und werden hier angesprochen: Augen (Farbe der Fenster
, Farbe sowie Form liturgischer Gewänder und Geräte, das Spiel von Licht und
Schatten, flackernde Kerzen), Ohren (laut gesprochene Gebete, Gesang, Klang der
Orgel), Nase (Weihrauch), Gaumen und Zunge (Brot und Wein). Mit dem feierlichen
Einzug von Priester (bzw. Bischof) und Dienern, mit Dialogen, Wechselgesängen,
nach Farbe und Form unterschiedlicher Kleidung steht die Feier des Gottesdienstes
in Traditionen des antiken Theaters — wie das moderne Theater auch in Liturgie und
Mysterienspielen wurzelt. Die Wirkung eines solchen Gesamtkunstwerkes entzieht
sich der Beschreibung und Dokumentation; doch kann man sie erfahren; denn das
Münster ist geblieben, wozu es gebaut worden ist: Stätte der Feier des Gottesdienstes.

Bild des Himmels

Insgesamt und in seinen Teilen wurde das Münster, wie andere Kirchen, symbolisch
gedeutet: als Bild des Himmels, Stadt Gottes, neues Jerusalem (vgl. Sauer Nr. 244,
Kunze Nr. 28). In Gottesdiensten anläßlich der Grundsteinlegung, der Weihe und der
jährlichen Wiederkehr des Kirchweihfestes wurden (und werden) Worte aus dem Alten
und Neuen Testament vorgetragen (vgl. Meßbuch Nr. 122, Gotteslob Nr. 124),
die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgedeutet worden sind; Jacobus de
Voragine schließt die Legenda aurea mit dem Kirchweihfest ab (Nr. 51; vgl. auch
HDA Nr. 128, Jungmann Nr. 129, Lengeling Nr. 134, Meyer Nr. 137).

Angeregt durch einen Spruch im Buch der Weisheit — „Du aber hast alles nach
Maß, Zahl und Gewicht geordnet" (11, 20) — sahen sich Architekten, Bauherren und
Künstler eingeladen zu versuchen, die göttliche Ordnung aufzudecken; es konnte
nicht ausbleiben, daß sich Menschen auch im Mittelalter bei der Deutung solcher
Worte zu kühnen Interpretationen haben hinreißen lassen. Insbesondere wollte man
das Haus, in dem Gott selber wohnen sollte, nach Proportionen aufführen, von denen
man meinte, der Weltenherrscher habe sie gesetzt. Das Wissen um solche Zahlenverhältnisse
wie um die Symbolik insgesamt ist seit der Aufklärung weitgehend abhanden
gekommen und muß deshalb durch Studium der Quellen, genaues Vermessen
und dadurch wiedererworben werden, daß man die Teile zum Ganzen in Beziehung
setzt (z. B. Wangart Nr. 45). Bei der Deutung von Zahlen, wie sie auch im Dreipaß
und Oktogon begegnen, helfen Meyer/Suntrup Nr. 219 weiter.

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