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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0119
men. Dieser an sich solide Plan erwies sich aber als undurchführbar, denn Caroline
drängte ihn, wenigstens einen Teil des Jahres in Straßburg zu residieren. Immerhin
beschäftigte er sich auch so monatelang mit Versuchen in praktischer Landwirtschaft,
die aber völlig mißlangen. Jung und unerfahren fiel er auf alle möglichen Projektemacher
und Schwindler herein, denen er in seiner Abwesenheit freie Hand ließ, und
zudem scheint er ganz besonders schlechte Ratgeber unter seinen Beamten gehabt zu
haben. So hatte der Aufenthalt in Straßburg wenigstens den Vorteil, daß er hier Gelegenheit
zu praktischer Verwaltungsarbeit bekam. Er wurde in den Großen Rat aufgenommen
und arbeitete am Polizeigericht und in der Schulkommission. 1766 durfte
er auch zum ersten Mal als Vollmitglied an einem Konvent der Ortenauer Ritterschaft
zu Kehl teilnehmen. Dabei mußte er einen feierlichen Eid ablegen, die Statuten zu
befolgen, dem Kaiser als Oberhaupt treu zu sein und sich den anderen Mitgliedern
gegenüber einträchtig und verträglich zu erzeigen. In letzterem Punkt aber scheint es
nicht zum besten gestanden zu haben, denn sofort verwickelte er sich in einen vor
dem Direktorium geführten Prozeß gegen seinen bisherigen Vormund wegen dessen
ungenügender Rechnungslegung. Nach drei Jahren wurde schließlich festgestellt,
Berstett habe bona fide gehandelt, doch sei sein Agent „wegen Schläfrigkeit" an mancherlei
Versäumnis schuld.

Die Mannesjahre

Am 29, September 1770 war die feierliche Volljährigkeitserklärung in Anwesenheit
aller Verwandten, und bei dieser Gelegenheit gab es in Rust außerordentliche Festivitäten
, Die normale Böcklinsche Militärmacht von 24 Mann mit einem Tambour,
einem Fähnrich und einem Hauptmann wurde auf die doppelte Zahl verstärkt und neu
eingekleidet. Die erste Compagnie, die auch die Schildwache stellte, trug weiße
Röcke und rote Camisole, während die zweite Compagnie in einer braun-roten Mon-
tur ausrückte. Die Musik war durch eine grüne Uniform ausgezeichnet und bestand
aus je zwei Horn- und Klarinettebläsern, einem Fagottisten und zahlreichen Pauken,
Trommeln, sowie einem Schellenbaum. Sobald sich Mutter und Schwiegereltern am
Festmorgen dem Schloßhof nahten, trat die Wache unter das Gewehr und Musik ertönte
. Dann erfolgte die Gratulationscour, der sich der Kirchgang anschloß. Dabei
hatte die Jugend „Es lebe unsere gnädige Herrschaft" zu rufen, während die Bürgerschaft
entblößten Hauptes salutierte. Ohrenbetäubender Lärm war für den Einzug in
die Kirche selbst vorgesehen, denn dabei mußte abwechselnd georgelt, Horn und
Trompete geblasen und die Pauken geschlagen werden. Nach dem feierlichen Hochamt
und dem Te Deum? während dessen die „Soldateska" zu präsentieren hatte, kam
ein langsamer Rückmarsch in das Schloß, der durch Musikbegleitung und blumenstreuende
Kinder verschönt wurde. Im Schloßhof gab es dann eine Parade, der sich
für die Familienmitglieder das Mittagessen anschloß. Dabei „werden die Symphoni-
sten und Vocalisten die auserlesensten Musicalia virtuose zu exequieren sich angelegen
sein lassen". Zur Belustigung der Jugend wurde bei Einbruch der Dunkelheit ein
Scheiterhaufen angezündet, und es gab Erlaubnis zu Tanz und anderer „ehrbarer Ergötzlichkeit
". Schließlich wurde jedem Bürger ein Maß Wein ausgefolgt, die Juden
erhielten jedoch nur die Hälfte.

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