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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0131
das Urteil für nichtig erklärt. Dagegen interpellierte seinerseits Friedrich und erreichte
, daß am 24. Februar 1783 der Conseil d'Etat in Versailles die Kassation aufhob
und in letzter und höchster Instanz das erste Urteil bestätigte.

Damit hatte Friedrich auch die zweite Runde gewonnen, aber der Preis dafür war
sehr hoch gewesen. Nicht nur waren über 7000 fl an Prozeßkosten entstanden, auch
der gute Name der Familie war in Verruf geraten, denn natürlich beschäftigte sich
ganz Frankreich und alle interessierten Kreise in Deutschland mit dieser Skandalgeschichte
, die sich allmählich zur Cause Cel&bre auswuchs. Die Gegenseite hatte natürlich
nicht versäumt, Friedrich als einen hartherzigen und entmenschten Bruder
darzustellen, der dem eigenen Blutsverwandten das legitime Erbe, ja sogar seinen
Namen vorenthalten wolle. Rührselige Geschichten wurden in Umlauf gesetzt und,
was noch schlimmer war, die ganze königsfeindliche Partei begann, sich der Angelegenheit
als eines willkommenen Propagandamaterials zu bemächtigen. Alle jene
Kreise, die den Prozeß Rohan als Mittel benutzt hatten, gegen die Königin und damit
gegen die Monarchie selbst zu hetzen, ergriffen nun mit Eifer die Gelegenheit, um
die schwärzesten Bilder von einer heruntergekommenen und moralisch verderbten
Aristokratie zu entwerfen. Der Herzog von Orleans, der spätere Philippe Egalite,
stellte sich offiziell an die Spitze der Anhänger Franz Josefs.

Das Urteil des Jahres 1780 sollte nur eine kurze Ruhepause bedeuten. Schon bald
erfuhr Friedrich, daß die Gegenpartei versuchte, den Prozeß neu aufzurollen, und
zwar diesmal von einer anderen Seite her. Franz Josef sammelte zunächst Zeugen,
die beweisen sollten, daß Charlotte Böcklin 1756 schwanger gewesen sei und in Nie-
derkutzenhausen ein Kind zur Welt gebracht habe. Dann versuchte er, auch Zeugen
dafür auszugraben, daß Franz Jacob Christian seine Frau selbst nach der Scheidung
häufig besucht habe. Zu eben dieser Zeit erschien ein ganz besonders übles Pamphlet
, das sich „Lettres d'un Militaire ä son ami sur Faffaire de Boeckel" nannte. Es
war offenbar von einem sehr geschickten Literaten geschrieben, der kein Mittel
scheute, um mit Verleumdung und übelster Nachrede die legitime Abkunft Franz Josefs
darzutun, „Quelques annees d$ mariage degouteraient-elles un baron allemand
de sa femme? Non, jamais, ou rarement, qa se voit en Allemagne ou en Alsace!" Da
die Schrift anonym und ohne Angabe des Druckorts erschienen war, konnte Friedrich
mit Erfolg einen Antrag auf Einziehung stellen, aber der Schaden war schon geschehen
. Zur gleichen Zeit meldete sich eine alte Dienerin seiner Eltern bei ihm und berichtete
, Leute seien bei ihr gewesen, die von ihr bestätigt bekommen wollten, es hätten
sich Charlotte und ihr Mann auch nach der Scheidung oft in Straßburg besucht,
Sie aber habe das Gegenteil beschworen. Bei dieser Gelegenheit erscheinen in den
Akten auch einige Namen aus der Schar der Anhänger Franz Josefe, und zwar waren
seine eifrigsten Freunde in Straßburg ein Bankier Schmidt und der Sohn des Knopfmachermeisters
Rimbert, Zwar konnte Franz Josef, vor allem mit Hilfe des Freiherrn
von Ichtratzheim, nachweisen, daß seine Mutter tatsächlich zu dem fraglichen Zeitpunkt
ein Kind in Niederkutzenhausen zur Welt gebracht habe, doch mißlang ihm der
Beweis für eine legitime Abstammung von Franz Jacob Christian, Um diese Zeit nun
wechselte er seinen Anwalt und übergab die Sache dem Advokaten Bernhard Albert
aus Colmar, einem glänzenden Redner und eifrigen Demokraten. Dieser riet ihm
einen anderen, viel einfacheren Weg: er schlug ihm nämlich vor, einen neuen Prozeß

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