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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0141
sonderlich innig gewesen, so dürfte die Liebe der Mutter zu dieser Tochter noch viel
geringer gewesen zu sein. 1815 nämlich schrieb Caroline Böcklin-Roeder ihrem Sohn
aus Diersburg: „Stell Dir vor, daß seit 10 Tagen die Weitersheim mit 4 Kindern und
der Amme des jüngsten sich hier befindet! Sie kam an mit einer Kutsche nebst einem
Wagen, auf dem ihr Gepäck war. Ihr Mann war als Begleiter auch dabei, ging aber
den nächsten Morgen in aller Frühe mit leerem Magen und den Fuhrleuten nach
Breuschwickersheim zurück. Im ersten Moment dachte ich, ihre Wohnung sei in
Rauch aufgegangen, bei näherer Untersuchung aber finde ich Ursache, mich über
diese Wanderung oder Flucht hierher billig zu ärgern. Mein guter Bruder verschaffte
ihr zwei Zimmer, weil in dieser Hütte kein Raum ist für diese Einquartierung. Die
Amme mit dem jüngeren, 14 Monate alten Kinde habe ich bei mir, wo die ganze
Bande bis vorgestern auch zu Tisch ging, von welchem Tag an das ungezogene, starrköpfige
Weib nicht mehr da essen will, weil ich mich ihrem tollen Plan, sich für immer
hier häuslich niederzulassen, in harten Ausdrücken widersetzt habe. Alle meine
Vorschläge aber, auch den, die Rückreise zu bezahlen, wurden abgelehnt. Von dem
Aufzug, in welchem ihre Kinder erscheinen, kann ich Dir keinen Begriff geben und
ebensowenig von dem ganzen Wesen dieses elenden Weibes. Dabei ist mir noch das
niederschlagendste, daß sie absichtlich ihre Kinder zerrissen und zerlumpt herumlaufen
läßt und ihrer Amme auf Vorstellungen hin erwidert: es ist recht, wenn man
denkt, ich hätte ihnen nichts zu geben."

Ob dieser mütterliche Erguß gerechtfertigt war oder nicht, ist schwer zu sagen,
Sophie verschwindet dann aus den Familienakten. Von ihren beiden Söhnen starb der
jüngere, Joseph Alfred, 1839 als letzter seines Geschlechts.

IL Mehr und Erfreulicheres ist von dem jüngsten Kind bekannt. Auch die am
31. Mai 1779 geborene Charlotte Catharina Friederike wurde bei ihrer Mutter erzogen
. Bei ihrem ältesten Bruder in Karlsruhe lernte sie 1800 einen höchst interessanten
Mann kennen, nämlich den Citoyen Nicolas Massias, Charge dAffaire de la Repu-
blique Frangaise dans le Cercle de Souabe. Dieser Gesandte am badischen Hof und
bei den benachbarten kleineren Herrschaften hatte eine recht abwechslungsreiche
Laufbahn hinter sich gebracht. Er war 1764 als Sohn eines Kaufmanns in Villeneuve
bei Agen geboren und trat früh in den Oratorianerorden ein, ohne jedoch Priester zu
werden. Seine Oberen verwandten ihn als Lehrer für Rhetorik und Literatur an den
Militärschulen in Tournon und Soissons, und dies weckte offenbar bei ihm einen Geschmack
am Soldatenleben* Denn bald nach Ausbruch der Revolution trat er aus dem
Orden aus und meldete sich als Kriegsfreiwilliger. Er diente bei der Pyrenäenarmee
und brachte es bis zum Oberst bei der Artillerie. Dann lehrte er wieder eine Weile
Literatur an der berühmten Schule von Saumur, bis er schließlich unter dem Direc-
toire nach Paris kam und in den diplomatischen Dienst trat. Sein erster Posten war
Karlsruhe, und obwohl er die wenig beliebten Revolutionäre an Karl Friedrichs konservativem
Hof zu vertreten hatte, machte er sich sehr schnell beliebt. So herrschte
also allgemeine Freude, als sich Charlotte mit ihm verlobte, obwohl normalerweise
niemand in der Familie sich über eine Verbindung mit einem Mann von dieser Position
und Vergangenheit gefreut hätte* Befriedigt schrieb damals ihre Mutter, daß sie
eine wahre Freude empfände, weil ihre Scharlott sicher eine glückliche Frau würde
„bei all dem Guten, das man Herrn Massias zuerkennt". „Un homme d'une probite

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