Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0154
ein zweites Oberammergau, sondern womöglich ein deutsches Hollywood entstehen
zu lassen, erschien vielen Zeitgenossen als verlockende Perspektive.

Im Gegensatz zur Mehrheit im Stadtrat standen Stadtbauamt, Gartendirektion und
Beurbarungsverwaltung dem Unternehmen wohlwollend gegenüber, weil ihre Leiter
ebenfalls erwarteten, daß die Spiele „Verdienst und Verkehr in unsere Stadt bringen
und zudem noch den notleidenden Finanzen unserer Eisenbahnen aufhelfen" würden
.15 Sie konnten sich am Ende mit ihrer Auffassung durchsetzen, so daß knapp
zwei Monate nach den ersten Kontakten die Verhandlungen über den Pachtvertrag begannen
.16 Mit der Freilichtbühne schien eine jahrhundertealte Tradition wiederaufzuleben
.

Tradition und Geschäft

Passionsspiele hatten in Freiburg bereits im 16. und 17. Jahrhundert stattgefunden. Sie
waren aus den Fronleichnamsprozessionen hervorgegangen, die seit Ende des 15.
Jahrhunderts lebende Bilder mitführten, szenische Darstellungen des Heilsgeschehens
im Alten und Neuen Testament. Fronleichnamsspiele sind in Freiburg 1479 erstmals
urkundlich belegt, aus dem Jahr 1516 datiert die erste Beschreibung.17

Die Bilder verselbständigten sich allmählich zu szenischen Darstellungen, nachdem
man dazu übergegangen war, am Nachmittag dramatische Aufführungen auf
dem Münsterplatz zu zeigen, die bis in die Nacht hinein dauerten. So wurde 1606
auf dem östlichen Teil des Münsterplatzes, mit Kaufhaus und Münster als Kulissen,
Johann Weles Passionsspiel Das Nachtmahl Christi gespielt. Allerdings kamen die
Spiele nicht jedes Jahr in vollständiger Länge auf die Bühne: 1542 beschlossen die
Veranstalter des Fronleichnamsumzugs, die Kreuzigungsszene nur noch alle drei
Jahre aufzuführen.18 Diese Form der Passionsspiele hielt sich indessen nur bis zum
Dreißigjährigen Krieg. Da, wie ein Senatsprotokoll von 1637 vermerkt, „Freund und
Feind seit langen Kriegsjahren Passion mit sich selbst spielen", wurden sie schließlich
eingestellt. Aber auch, als nach dem Westfälischen Frieden die Fronleichnamsprozessionen
wieder regelmäßig durch die Stadt zogen, verzichtete man fortan auf die szenischen
Darstellungen.19

Als sich fast drei Jahrhunderte später Theaterunternehmer wieder auf die Passionsspiele
besannen, hatten sie jedoch weniger die Pflege alter Traditionen im Sinn als
die Absicht, Geld zu verdienen. Das stellte sich schon bei den Verhandlungen um den
Pachtvertrag heraus: Für die Errichtung von Bühne und Tribüne stellte die Stadt ein
Gelände von etwa 40 000 Quadratmetern zur Verfügung, für das sie einen jährlichen
Pachtzins von 22 300 Mark und zusätzlich eine Sicherheit von 200 000 Mark forderte
.20 Das war Gotthart zu teuer. Als Sicherheit erschienen ihm 44 000 Mark genug
, und außerdem wollte er den Pachtvertrag gleich auf zehn und nicht, wie die
Stadt beabsichtigte, nur auf drei bis fünf Jahre abschließen. Sollte sie in diesem Punkt
kein Entgegenkommen zeigen, würden seine Partner von dem Vertrag ganz zurücktreten
und das Unternehmen in eine Nachbargemeinde verlegen. Außerdem bemerkte
er, daß die Weigerung, auf seine Bedingungen einzugehen, „in weiten Kreisen ein
starkes Befremden" hervorrufen würde. Gotthart spielte damit auf die bisherige Pressearbeit
an, die die öffentliche Meinung in wenigen Wochen überwiegend zugunsten

152


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0154