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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0155
der Freilichtbühne beeinflußt hatte.21 Da die Stadtverwaltung sich allerdings nicht
erpressen lassen wollte, verhandelte man noch Monate, bis beide Seiten den Vertrag
nach Beendigung der ersten Spielzeit endlich unterzeichneten. Die Gebrüder Faßnacht
akzeptierten schließlich doch eine Pachtzeit von fünf Jahren, als Kaution einigte
man sich auf 100 000 Mark.22

Im Frühjahr 1921 waren die Bauarbeiten an der Dreisam in vollem Gang. Tag für
Tag las nun die staunende Öffentlichkeit Neuigkeiten über die Freilichtbühne. Am 1.
Juni informierte das Freiburger Tageblatt, das wie die übrige bürgerliche Presse dem
Unternehmen sehr wohlgesonnen war, seine Leser über die Oberammergauer Festspiele
. Indirekt und ohne Absicht enttarnte jedoch die wohl von Gotthart in Umlauf
gebrachte Meldung die Berufung der Gebrüder Faßnacht auf ihre Oberammergauer
Tradition als bloße Werbestrategie. Echte Oberammergauer, so erfuhren die Leser
nämlich, gingen nicht auf Tournee, sondern spielten ausschließlich daheim.23 Tatsächlich
verzichteten die Faßnachts bald auf das Etikett „Oberammergau" und vermarkteten
ihr Stück noch jahrelang unter der Bezeichnung „Freiburger Passionsspiele
".

Die professionelle Werbekampagne der Veranstalter konnte nicht verhindern, daß
die Freilichtbühne in der Presse umstritten blieb. Vor allem die sozialdemokratische
Volkswacht hielt die religiöse Motivation der Veranstalter für vorgeschoben und sah
als eigentliche Triebfeder für das Unternehmen kapitalistische Profitinteressen am
Werk.24 Wiederholt meldete sie Zweifel an, ob die Spiele den wirtschaftlichen Aufschwung
Freiburgs tatsächlich fördern könnten. Das ohnehin defizitäre Stadttheater,
griff die Zeitung ein verbreitetes Argument auf, drohe durch die Konkurrenz am
Sandfang weg noch tiefer in die roten Zahlen zu rutschen, und schlimmer noch, der
zu erwartende Zustrom von Touristen könne möglicherweise die Wohnungsnot weiter
verschärfen.25 Zudem befürchtete sie eine generelle Steigerung der Lebenshaltungskosten
.26

Die Zeitung setzte eine lebhafte Diskussion über die Sozialverträglichkeit der Passionsspiele
in Gang, bei der sich auch der Mittelstand zu Wort meldete, dessen Angehörige
sich den größten Nutzen von dem Unternehmen versprachen. In einem gemeinsamen
Leserbrief in der Breisgauer Zeitung vom 13. Juli begründeten der Verein
selbständiger Kaufleute, die Mittelstandsvereinigung und der Verkehrsverein die Notwendigkeit
einer Neuorientierung der Freiburger Wirtschaftspolitik: „1. die Ansied-
lung der Industrie ist durch die Nähe der französischen Grenze, örtliche Entfernung
der Rohstoffgebiete, ernorme Frachtenverteuerung unmöglich gemacht, 2. Die bisherige
Befruchtung des Freiburger Wirtschaftslebens durch den Rentnerstand und die
früher hier blühende Bauindustrie ist zum Teil ausgeschaltet. 3. Der Verlust einer

Abb. 2 Zeichnung der Bühnenanlage für die Freiburger Passionsspiele.
(Presseinformation der Freilichtbühne Freiburg)

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