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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0198
nicht dem alten Adel, sondern dem Bildungsbürgertum an, Der Vater, ein Medizinprofessor,
war in der Zeit Josefs IL geadelt worden.

Der zweite Band enthält die Briefregesten, Kurzbiographien der Korrespondenzpartner, 32
Porträts von Personen aus diesem Kreis, ein Verzeichnis der Werke Rottecks und zwei Register
. Treskow unterteilt die Briefe in zugeordnete und anonyme mit und ohne Datum? wobei
die erste Gruppe die umfangreichste ist. Er gruppiert die Briefe nach den Briefpartnern, deren
Namen in alphabetischer Reihenfolge als Kapitelüberschriften dienen. Herder, Brockhaus,
Wessenberg, zwei Großherzöge von Baden, zwei Könige von Württemberg, aber auch ganz
einfache Leute aus dem Schwarzwald sind darunter. Innerhalb der Textblöcke folgt er der
Chronologie.

Das Faksimile eines anonymen Briefes erscheint auf dem Schutzumschlag des buchbinderisch
sehr solid gearbeiteten Bandes. Dieser Brief enthält eine Morddrohung und wüste Beschimpfungen
: „Ich gehe nicht eher aus der Welt, als bis ich Sie Schuft aus der Welt geschaft
habe " Dieses Dokument wirft ein ganz eigenes Bild auf die Wirklichkeit eines politisch Oppositionellen
in der landläufig als Biedermeier verniedlichten Zeit, und es steht in einem frappanten
Gegensatz zu den schwärmerischen Tönen, die in den übrigen Briefen anklingen. Eine
Formulierung dieser Art ist als Titel gewählt: „Erlauchter Vertheidiger der Menschenrechte!"

Treskow gibt der Forschung ein taugliches Instrument an die Hand und lädt zur Beschäftigung
mit Rotteck ein, dessen endgültige Biographie nach seiner Meinung noch aussteht, obwohl
er im ersten Band des vorliegenden Werks dem Leser eine plastische Vorstellung von
Karl von Rotteck vermittelt, auch von seiner Herkunft und seinem Umfeld.

Renate Liessem-Breinlinger

Heinrich Hansjakob, In der Residenz. Erinnerungen eines badischen Landtagsabgeordneten
. Nach der Ausgabe von 1911 des Bonz Verlages Stuttgart. Mit einem Portrait des Autors
und 16 Abbildungen nach zeitgenössischen Darstellungen. Nachwort und Anmerkungen von
Manfred Hildenbrand. Waldkircher Verlag, Waldkirch 1993. 620 S.

Ehrlich und unbekümmert seine Meinung zu sagen, das war Heinrich Hansjakobs Charakteri-
stikum. Was die Leser dem Schriftsteller gern verziehen, brachte dem Politiker Arger und Verdruß
ein: 1878 exponierte er sich als Abgeordneter im badischen Landtag durch eine Rede,
die sich mit einem Detail des Kulturkampfs befeßte: Unerwartet für seine Fraktionskollegen
von der katholischen Volkspartei, plädierte er für ein Zugehen auf die gegnerischen Liberalen.
In der katholischen Presse wurde er als Verräter bezeichnet, beschimpft und verleumdet.
Hansjakob reagierte gleich 1878 auf die Hetzkampagne mit einem Buch: „In der Residenz".
Er beließ es darin allerdings nicht bei Rechtfertigungen: Er schilderte das Abgeordnetendasein
auch von der gesellschaftlichen und geselligen Seite und führte den Leser in private Salons,
Gasthäuser und an die Tafel des Großherzogs im Karlsruher Schloß. Gemäß seiner Vorliebe
für das einfache Volk zeichnet er auch Portraits von Gestalten aus diesen Schichten. Unter den
politischen Themen? die er neben der Auseinandersetzung zwischen Staat und katholischer
Kirche anspricht, nimmt das Defizit der Staatsbahn größeren Raum ein. „Die Nebenbahnen
fressen, was die Hauptbahnen verdienen'*, so brachte Hansjakob es bündig auf einen Nenner.

Daß er als katholischer Priester auch in Glaubensdingen von liberaler Grundstimmung war,
läßt er an der Sympathie erkennen, mit der er einen jüdischen Gottesdienst beschreibt, den
er in der Karlsruher Synagoge besucht hatte. Gleiches gilt für die griechisch-orthodoxe Liturgie
, die er in der Residenz ebenfalls erleben konnte. Spaziergänge im Hardtwald inspirierten
ihn, verschiedentlich über Jäger und die Jagd zu schreiben. Mit einer solchen Passage verbindet
er einen ausführlichen Exkurs über die Entwicklung des Hubertuskults.

1910, gegen Ende seines Lebens, ließ Hansjakob den Band „Aus der Residenz" stark überarbeitet
noch einmal erscheinen, da er die Kränkungen von 1878 zwar vergeben, aber nicht ver-

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