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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
114.1995
Seite: 82
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Stelle beygesetzt wird."61, die bis auf den heutigen Tag cum grano salis exemplarisch
den Verlauf einer militärischen Trauerfeier beschreibt.

Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, als die Einheit von Trauer und Verheißung allmählich
zu zerbrechen begann und Skeptizismus das religiöse Jenseitsgefüge ins
Wanken brachte, bildeten die einzelnen Teile der Handlungen nach dem Tode — Aufbahrung
, Totenklage, Leichenbegängnis, Totenmahl, Grabstättengestaltung62 — eine
unauflösliche Einheit im Trauerverhalten europäischer Kulturen, die in der Ausgestaltung
der barocken pompa funebris, besonders im Herrscherbegräbnis, glanzvollen
Höhepunkt und vorläufigen Abschluß erreichen sollten63. Wenn auch die dort
beobachteten Phänomene der repraesentatio maiestatis in Gestalt der effigies64 weitgehend
entfielen, so entsprach doch das militärische Leichenbegängnis in seinen wesentlichen
Bestandteilen dem herrscherlichen65, da das Amt des Staatsoberhauptes
mit dem des Oberbefehlshabers der Armee zusammenfiel66. Beim Tode eines Soldaten
teilten sich weltliche und geistliche Macht in die wahrzunehmenden Zeremonien67
am Aufbahrungsort und bei der Überführung in Kirche und Begräbnisplatz,
die auch nach der Reformation bis in die Zeit der Aufklärung durchaus noch identisch
sein konnten68. Dabei spielte die Konfessionszugehörigkeit des zu Bestattenden im
zeremoniellen Ablauf nur eine untergeordnete Rolle; lediglich der Platz auf dem geweihten
Kirch-/Friedhof blieb Soldaten evangelischer Religionszugehörigkeit versagt69
. Es sollen daher in diesem Rahmen sowohl Beispiele aus dem katholisch-süddeutschen
wie protestantisch-norddeutschen Räume herangezogen werden.

Die dem Leichenbegängnis vorangehende häusliche resp. kirchliche Aufbahrung
übernahm funktionale Elemente eines herrschaftlichen Castrum doloris70, eines
Trauergerüstes also, das entsprechend dem Rang des Verstorbenen Hauptbestandteil
barocker Leichenschau bildete. In diesem Rahmen nahm die Darstellung herrscherlicher
und militärischer Insignien als Standes- und Rangabzeichen, zugleich aber auch
als Rechtssymbole, im Sinne einer „doppelten Repräsentation"71 einen besonderen
Platz ein72: der Kommandostab73, wie er in der Leichenprozession beim Tode des
Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Preußen neben anderen Hoheitszeichen mitgeführt
wurde74 als Ausdruck herrscherlicher Regierungsgewalt75; die Orden und Ehrenzeichen76
; das Feldzeichen77 als spezifisches Standessignet des Offiziers; Ringkragen,
Echarpe, Sporen, Kaskett, Harnisch, Degen und Handschuhe78 schließlich als nur
zu dienstlichen Anlässen getragene Offizierausrüstungen und -auszeichnungen konnten
hinzutreten79. Daneben kam den zur gleichen Herkunftskategorie gehörenden
Wappen als persönlichsten Vertretern des Verstorbenen besondere identifizierende
Bedeutung zu, was sich in der Qualität der Darstellung manifestierte80. Die Mitführung
dieser Zeichen kann symbolisch als letztes Vorführen des einstigen irdischen
Platzes in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft und zugleich als Devestierung
gedeutet werden. Darauf deutet auch der Brauch hin, Wappen und Waffen umgekehrt
zu tragen81, so das Ende von Rang und Stellung auf Erden symbolisierend. Das
schon in der Antike bekannte Phänomen des mundus inversus82 wird zumeist als
Darstellung der nichtwirklichen Welt, des nichtwirklichen Lebens, das der überweltlichen
Sphäre, dem Dämonenreich entspricht, gedeutet83. Inwieweit solche Erklärungsmuster
den vollen Sachgehalt treffen, ist bis heute umstritten; „so überzeugend
diese Modelle auch gleichsam die soziale 'Logik der Trauersitten' als religiöse Riten

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