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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
114.1995
Seite: 84
(PDF, 30 MB)
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militärische Formen bis in unsere Tage. Von den übrigen ritterlich-adeligen Standeszeichen
, die vom weitgehend adeligen Offizierkorps, vornehmlich in Preußen, tradiert
wurden, blieben in späteren Zeiten nur noch Helm, Degen und Orden und Ehrenzeichen
als Attribute militärischer Beisetzungen, Dagegen hielt sich bis in den
letzten Weltkrieg die detailliert nach Dienstgraden gestaffelte Beteiligung des bewaffneten
Kontingentes101,

Der äußere Ablauf des militärischen Leichenzeremoniells102 erhellt aus den Bestimmungen
der zeitgenössischen Reglements und gliederte sich in drei Phasen: Der
Aufstellung der Trauerparade vor dem Trauerhaus bzw» dem Ort der Aufbahrung103,
dem Trauerkondukt zum Friedhof und der zeremoniellen Beisetzung des Sarges, Als
sichtbares Zeichen der Trauer dienten Flore an Fahnen und Standarten, Echarpen,
Instrumenten und am linken Arm104. Daneben zeigten die verkehrte Trageweise der
Waffen, die gedämpften Instrumente105 und der langsame Schritt106 die Trauerhaltung
der Truppe an. Während des Marsches schlugen die Tambours abwechselnd mit
den Choräle107 blasenden Hautboisten den Totenstreich108. Am Grabe selbst nahm
die Truppe „nach geendigten Kirchen-Ceremonien" Abschied durch Abgabe der
dreimaligen Generaldecharge109, „wann der Cörper in die Erde gesengt, der Degen
und Stock von der Baahr abgenohmen, und der Geistliche das Weyh-Wasser darauff
gesprengt"110; „nach geendigten Feuer wird das Gewehr so lang beym Fuß gehalten
, bis der Todte begraben, nachgehends wieder präsentirt, und scharf geschultert,
da dann das Regiment hinwieder in guter Ordnung mit klingendem Spiel einrucket
"111

Die rituelle Trauerbewältigung des Soldaten war angesichts der Grenzsituation Tod
geboren aus einer als elementar empfundenen Bedrohung des sozialen Bezugsrahmens
, die Unsicherheit und Ungewißheit entstehen ließ. „Der Tod eines der Ihren
wird zur Existenzbedrohung jedes Einzelnen. Zum gleichen Zeitpunkt formieren sich
Bestattungsriten: aus dem individuellen Ereignis wird ein soziales, wodurch die
Gruppensolidarität wiederhergestellt ist"112 Diese eigentlich aus Beobachtung der
Primitiven erwachsene Feststellung menschlichen Trauerverhaltens zeigt die diesem
innewohnende Konstanz, die sich in archaischen Solidarmechanismen bis in unsere
Zeit hinein gerettet hat, wobei die dem Soldatischen innewohnende Beharrung auf
traditionell überkommenen Werten wesentlichen Anteil an dieser Kontinuität hat.
Das Ritual bei der Statuspassage des Verstorbenen übernahm dabei die wichtige
Funktion der Kanalisierung der Emotionen, die gerade im militärischen Bereich auf
andere Ziele gerichtet sein mußten denn auf die der Trauer; das Eingebundensein in
das Zeremoniell erleichterte darüberhinaus den direkt Betroffenen die Trauerbewältigung
und damit die Wiedereingliederung in das soziale System. Zugleich offenbarte
das Leichenzeremoniell, wie überhaupt jede zeremonielle Äußerung, hierarchische
und gesellschaftliche Strukturen113, die den Trauernden als Stütze in der Bewältigung
des Todes hilfreich sein konnten, den Soldaten aber zugleich gefühlsstabilisierend
und -disziplinierend in den Gruppenrahmen zu integrieren vermochten. Die
'profane Liturgie' militärischen Zeremoniells diente so und dient bis heute der kameradschaftlichen
Festigung und Verankerung im Truppenalltag in Frieden und Krieg.

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