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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
114.1995
Seite: 189
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1995/0191
Die Ausrüstung des zweiten Teiles meines Liedersaals, von welchem bereits einige
Bogen gedrukt sind,, und die Beendigung des 4ten, welcher bis auf die Vorrede abge-
drukt ist, haben mich die lezten Wochen über so unausgesezt beschäftiget, daß ich
alle Correspondenz aussezen muste; daher die spätere Beantwortung Ihres mir so
werten Schreibens, welche ich gefalligst zu entschuldigen bitte.

Was Sie die Güte haben mir, über die Bildung einer Filialgesellschaft der größeren
Frankfurter, zu sagen, habe ich mir selbst, haben auch andere mir schon mehr als
einmal gesagt. Es ist auch bereits in anderen Kreisen des ehemaligen teutschen Reiches
dasselbe vorgeschlagen und zum Teile in Vollzug gesezt worden. Wir wollen
sehen, wie lange es dort dauern wird! Wir Teutsche sind ein unglükliches Volk, die
guten Götter geben uns alles, um das erste Volk der Erde zu werden, und wir hingegen
tun alles^ um das lezte zu sein; dies ist aber schon alt! schon im Liede des heiligen
Anno2 steht:

Vers: 683. Den niman nimohte widirsten

Obe si woltin mit truwin un samft gen

Div stiftüi henverte groze

Widir nevin untf husgenoze

Diz riche alliz bfkerte sin gewäfine

In sin eigmin ädere

Mit siginuftlfcher ceswe

Ubirwant fz sich selbe, etc.

Aber die schlimmsten unter allen sind wir Schwaben! Kommt es daher, daß die
Alemannen aus so vielerlei Völkerstämmen zusammengesezt waren? und deswegen
unter sich nie einig werden konnten? nie etwas Ganzes und Großes zustande gebracht
haben? Ein mislichemez volke, ci radi vollm gut, redispen genüg, woli ver-
tig unti wighaft: aber alles das wendeten wir stets gegen uns, wie die Griechen zur
Zeit des Peleponnesischen Bundes. Sagen Sie mir nichts von der hohenstaufischen
Periode, das war freilich der Culminationspunkt unseres Volkes, die Blütezeit unserer
Größe, aber sie gieng vorüber one Früchte zu bringen, was blieb daraus übrig?
Etwa ein halb hundert Bände Lieder und Rittergedichte, von denen die Hälfte vergessen
ist und die Trümmer von einigen Pallästen, welche die prosaischen Habsburger
verfallen ließen. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft der von Dr. Mezler in Siegmaringen
,3 Schreckenstein in Immendingen4 und einigen Wirtembergern gestifteten
Gesellschaft der Arzte und Naturforscher Schwabens; 5 man brachte es zu einem
Bande großenteils mittelmäßiger Aufsäze; auch die Gesellschaft der Freunde der Geschichte
und Naturgeschichte an den Quellen der Donau6 (quorum pars magna fui),
was förderten sie zu Tage? Wenige wässerige, nach dem donauöschinger Sumpflande
schmekende, fragmentarische Stüke, welche zum Glüke noch der Presse entgiengen.
Die von ihr in Gestalt einer Materia medica angefangene Flora blieb beim dritten
Bande steken! Haben Sie nicht auch einige dergleichen Beispiele aus dem Breisgau
anzufüren? Wer 50 Jare gelebt und mit offnen Augen seinen Weg unter den Menschen
fortgesezt hat, glauben Sie mir, der muß wenigstens im allgemeinen sein Geschäft
zu beurteilen wissen. Wir leben in einem Zeitalter der Selbstsucht, der Halbheit und
einer kindischen Eitelkeit, auf die wir gern alles beziehen und der wir gerne alles

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