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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 20
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bensgenossen. Besonders demütigend für die als Nachkommen der „Christusmörder
" 8 diffamierten Juden waren jene Bestimmungen, durch die sie, angeblich mit
Rücksicht auf die religiösen Gefühle ihrer christlichen Nachbarn, in ihrer Bewegungsfreiheit
eingeschränkt wurden.

Der Besuch der Mikwe,9 in der „sich die Jüdischen wyber zu baden pflegen", war
ihnen, damit „nyemands darab geergert werde", nur frühmorgens oder spätabends gestattet
(Art. 16). Am schmählichsten war die zur Sühnung der Leiden Jesu erlassene
Bestimmung, daß sich die Juden während der ganzen Karwoche hinter verschlossenen
Türen und Fenstern „in iren heüsern still vnd heimlich halten" und sich „nit zieren
noch sehen lassen sollen" (Art, 17). Bei „schwerer vnd hoher lybs straff" verboten
war ihnen jedwedes Religionsgespräch mit christlichen Laien (Art. 18).

Der Handel in den österreichischen Vörlanden war in» und ausländischen Juden nur
gegen ein im voraus an den Fiskus zu entrichtendes Geleitgeld gestattet. Wer einen
jüdischen Händler, der ohne gültigen Geleitbrief unterwegs war, auf offener Straße
überfiel und ausraubte, machte sich damit gemäß Artikel 19 der Ensisheimer Juden-
ordnung keiner strafbaren Handlung schuldig. „Dann Juden noch vil weniger dann
Christnem volck zusteet noch gebürt / on erkantnüß / zulassen vnnd bewilligung der
hohen Oberkeit / derselben Stett / Marckt / Dörffer / Gericht / Gebiet vnd Lande
zugebruchen."

Die engen Grenzen, die dem Handel und Wandel der Juden in den Vörlanden durch
die am 24, 7. 1526 erlassene Judenordnung fortan gesetzt waren, hielten die vorderösterreichischen
Landstände10 nicht davon ab, sich weiterhin um die endgültige Vertreibung
aller Juden aus den seit 1522 von Erzherzog Ferdinand L (1503—1564) regierten
Vörlanden zu bemühen, Neidvoll blickten sie auf das reichsfreie Colmar, wo
seit 1512 keine Juden mehr geduldet wurden.11

Erst nachdem sich die Landstände in den folgenden zwanzig Jahren mehrmals darüber
beklagt hatten, daß die Judenordnung von 1526 „wenig gehalten / vnd das derselben
/ sonderlich durch die Juden in vilweg zuwider gehandelt werde", sah sich der
1531 zum römischen König erwählte Landesfiirst genötigt, „weg furzunemen / damit
vnserer vnderthanen der Stett vnd Landtschafften beschwerung / so sy bißher hierinnen
gehept gemiltert" und „das ergerlich wesen / auch die schädlichen wuecherlichen
handlungen der Juden / so sy in gedachten vnser vorlanden one einig forcht vnnd
straff täglichen vnder vnd gegen den Christen vbten / vnd fuerten / Dardurch abge-
stelt" werden, und erließ deshalb am 19. 8. 1546 eine neue Judenordnung, die aber,
wohl wegen des Schmalkaldischen Krieges, erst am 28. 3. 1547 in Kraft trat.12

Die neue Judenordnung war wie die alte in neunzehn Artikel gegliedert. Die einschneidendste
Veränderung zu Ungunsten der in den Vorlanden ansässigen Juden
brachten die in der Neufassung des ersten Artikels enthaltenen, nun nicht mehr nur
für Ensisheim geltenden, sondern auf alle Judenwohnorte ausgedehnten und zusätzlich
verschärften Niederlassungsbeschränkungen mit sich:

„Vnd erstlich sol hinfuran / in vnserer Stat Ensißhaim / darzu in allen vnd jeden
Stetten vnd Flecken / vnserer vorderösterreichischen landen vnd gebieten / nit meer
dann ein hauß geseß der Juden / vnd [in] ein jedem haußgeseß auch nit mer dann ein
mann vnd sein weib mit jren vnuerenderten (unveränderten) kinden vnd gebrotem ge-
sinde / vnd je ein haußgeseß / vff das wenigst zwo meil wegs von dem andern

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