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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 145
(PDF, 35 MB)
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malige König von Preußen] anhängig war. Über Belgien gelangte er, finanziell abgesichert
durch seinen Vater, der „ihn überreichlich mit Geld" versah,15 nach Paris,
um sich bei Ausbruch der Unruhen im Südwesten umgehend wieder auf deutschen
Boden zu begeben und sich den Freischaren zur Verfügung zu stellen. Im Range eines
,Majors4, als der er u.a. die Gemsbacher Volkswehr aufzustellen hatte,16 ereilte ihn
in den Tagen des Zusammenbruches der revolutionären Aktionen, die sich zuletzt im
Räume Freiburg konzentriert hatten, und nach dem ,Rückzüge4 der Haupträdelsfüh-
rer in die benachbarte Schweiz als sogenannter ,Kriegskommissar' das Schicksal der
bis heute nicht ganz geklärten Festnahme17 und — nach dem Einzüge der Preußen
am 7. Juli 1849 — seine Uberstellung in preußischen Militärgewahrsam, wo ihm in
seiner Eigenschaft als Landwehrunteroffizier d. R. bereits am 11. Juli der kriegsgerichtliche
Prozeß unter Vorsitz des Majors von Sellentin18 gemacht wird,19 der gemäß
§ 88 MStGB20 auf Degradierung, Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes
, Verlust der Nationalkokarde und Todesstrafe erkennt, weil er „seinem
rechtmäßigen Landes und Kriegsherrn, seinen eigenen Waffenbrüdern und Lands-
leuten mit den Waffen in der Hand entgegengetreten" sei.21 Eine Überprüfung des
Urteils durch Divisions- und Generalauditoriat, Gnadengesuche beim König von
Preußen, auch von Seiten der Mutter und im letzten Augenblicke von Dortu selbst,
fruchten nichts, so daß das am 30. Juli bestätigte als erstes von insgesamt 27
Todesurteilen22 nächsten Tages in der Frühe beim Wiehremer Kirchhofe23 in Freiburg
nach Soldatenart vollstreckt wird. Der Vater, der erst Anfang August von der
Hinrichtung erfährt, bemerkt später — und hier wird bereits die Intention einer gesteuerten
Legendenbildung ersichtlich — „es würde für ihn eine große Beruhigung
sein, wenn die Hinrichtung seines Sohnes die erste und auch die letzte dieses Kriegsgerichts
gewesen wäre, und wenn er dadurch das ganze Märtyrerthum für die gute
Sache allein auf sich hätte nehmen können."24

Dortus „Gebeine wurden beigesetzt an derselben Stelle, wo er gefallen war, auf
dem Kirchhofe zu Wiehre. Seine Mörder gönnten ihm nicht einmal einen Todten-
hügel."25 Struves parteiisches Verdikt gegen die preußischen Richter Dortus kann
auch im Blick auf die letzte Ruhestätte Dortus der Realität nicht gerecht werden, denn
bereits kurz nach Urteilsvollstreckung wurde die Grablege des Delinquenten, der sich
als Freigeist bekannt und christlichen Beistand abgelehnt hatte,26 von Freiburger
Frauen und Mädchen regelmäßig, trotz des Belagerungszustandes, mit Blumen geschmückt
, wollen wir den zeitgenössischen Berichten der Presse Glauben schenken
.27 Auch der Potsdamer Dr. Lehmann zitiert eine ?Nachricht aus Baden*, die die
vorige Darstellung, wenn auch stark übertreibend, zu bestätigen scheint: „Unter den
in Freiburg eingerückten preußischen Truppen befindet sich auch ein Landwehr Bataillon
, welches eine nicht unbedeutende Anzahl Potsdamer Stadtkinder in seiner
Mitte zählt. Diese haben sich ohne Ausnahme, der Theilnahme an den Gewaltmaßregeln
enthalten, welche gegen ihren geliebten Landsmann verübt wurden, und haben
vielmehr die unzweideutigste Theilnahme für ihn auch im Tode gezeigt. Mehrere unter
ihnen haben an ihre Angehörigen berichtet, daß sie sich sämmtlich, nachdem sie
von der so jählings ausgeführten Vollstreckung des Urtheils gehört, im verbissenen
Zorn auf den Kirchhof begaben, das Grab mit der größten Sorgfalt so zubereitet hätten
, daß es unter allen Umständen auf den ersten Blick kenntlich sei und daß sie so-

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