Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 185
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0187
lieh erschienen. Das Hauptreferat über die innenpolitische Situation in Baden und im
Reich hielt der Parteichef der badischen Nationalliberalen, Landgerichtsdirektor Dr.
Obkircher aus Mannheim, Am Rande einer breit angelegten, sachlich gehaltenen
Rede kritisierte er einige „mit der Parteilinie unzufriedene evangelische Pfarrer (Lehmann
, Karl u.a.)" und kreidete ihnen insbesondere an, daß die sich mit ihren Namen
meldende „neue konservative Strömung6" mangelndes Verständnis der Nationalliberalen
für die Kirche argwöhne, auch deswegen, weil die Partei Trennung von Staat
und Kirche fordere.

In der Diskussion begründete Pfarrer Karl „in gewandter Weise und in konzilianter
Form" seine Absage an die nationalliberale Partei. Nachdem ihr politischer Kurs
nach links gehe, könne man in ihr „keine Vertretung der Interessen des evangelischen
Volksteils, besonders der Pfarrerschaft sehen"; die Propaganda für Trennung von
Kirche und Staat führe in der evangelischen Bevölkerung zu Erregung? weil sie nur
Nachteile bringe,52

Darauf griff der Freiburger Landgerichtspräsident Dr. Uibel53 seinen Vorredner
Karl in einer improvisierten Antwortrede scharf an und präzisierte seine spontanen
Ausführungen hernach nochmals in der örtlichen Presse.54 Diese befaßte sich noch
wochenlang im Für und Wider mit dem Rededuell Karl/Uibel und gab auch Kar] Gelegenheit
zu einer Presse-Erwiderung.55

In diesen Zusammenhängen sind verletzende Worte gefallen. Karl hatte in seiner
Broschüre kämpferische Töne angeschlagen, hatte zu „Entflammung des evangelischen
Volkes in heftigster Agitation" aufgerufen. Offensichtlich im Gedanken an
Karls frühere Mitarbeit bei den Nationalliberalen warf Uibel ihm „abstoßenden Mangel
von Gemüt und Treue" vor: „bei diesem Mann ist jede Spur von Pietät verschwunden
., ". „Eine Fülle von rachsüchtigem Haß" will Uibel in der Agitation der
Karischen „Bekenntnisse" erkennen, vergiftete Pfeile seien abgeschossen worden
.... usf.

Nicht nur in Freiburg schlugen die Wellen der publizistischen Auseinandersetzung
hoch. Von der Freiburger Kontroverse nahm die Presse landesweit Notiz. So bezog
die in Stuttgart erscheinende „Deutsche Reichspost", das „Zentralorgan der Konservativen
Süddeutschlands", noch im März 1909 in einem ironisch gehaltenen Artikel
massiv Stellung und benutzte dabei pikanterweise unter dem Titel „Laokoon" die Äußerung
eines kirchlich-liberalen Pfarrers: „Wir kennen diese schmerzliche Gruppe
Laokoon: Söhne des Apollischen Priesters werden von gewaltigen Schlangen zu Tode
gepreßt. ... Das ist unser Bild zur Betrachtung der politischen Lage. Die evangelische
Kirche, das evangelische Volk ringt nach Freiheit aus den Umklammerungen des
sogenannten Nationalliberalismus. Die nationalliberale Partei will keine Erstarkung
des Protestantismus, keine Kräftigung der evangelischen Kirche, . . . Wehe den evangelischen
Geistlichen, den ,Freibeutern6 und ,KarlistenÄ, die sich das Ungeheuerliche
herausnehmen, auch nur ein lautes Wort gegen die Umschlingung durch die nationalliberale
Partei zu denken, . .. Die liberale Presse unterdrückt und verhüllt die Wahrheit
. Außer der konservativen Presse — man kann es ja ruhig sagen, weil es so liegt
— ist die katholische Presse gegenwärtig die beste Verfechterin der evangelischen
Freiheit, der evangelischen Interessen, der christlichen Wahrheit. Das Allerneueste
und Allerschönste aber hat der Freiburger Landgerichtspräsident Dr. Uibel erfunden,

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