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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 192
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0194
Die von den Parteileitungen des neuen Großblocks stark empfundene Erforderlichkeit
, die Wählerschaft über das nun einzuschlagende Abstimmungsverhalten aufzuklären
, schlug sich z. B. in der nationalliberalen „Breisgauer Zeitung" vom
27. Oktober 1909 nieder: Unter der Uberschrift „Die Stichwahlparole" wird parteioffiziös
von der Nationalliberalen Partei geschrieben:

„Unter allen Umständen gegen die Reaktion, also das Zentrum und seine Schützlinge
. In einer großen Anzahl von Wahlkreisen wäre nach dem Ausgang der Hauptwahl
der Sieg der Reaktion unabwendbar, wenn nicht ein gemeinsames Vorgehen der
liberalen Parteien herbeigeführt und in einzelnen Wahlkreisen die in den Hauptwahlen
für einen linksliberalen oder sozialdemokratischen Kandidaten abgegebenen
Stimmen mit den nationalliberalen Stimmen vereinigt würden. Das ist nicht anders
zu erreichen, als wenn auf Seiten aller dieser Parteien Opfer gebracht werden.

Zu diesem Zwecke haben wir mit den linksliberalen Parteien und in rein taktischem
Sinn auch mit den sozialdemokratischen Parteien ein Stichwahlabkommen vereinbart
. Wir erwarten, daß alle unsere Freunde in Gedanken an die von uns allen gewollte
Abwehr einer ultramontan-reaktionären Kammermehrheit unser reichlich erwogenes
Vorgehen billigen werden.

Wenn in der Hauptwahl der einzelne Wähler berufen war, seine politische Gesinnung
durch Stimmabgabe für den Kandidaten seiner Partei zum Ausdruck zu bringen,
so gilt es jetzt, ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit und Wahlkreise durch Zusammenwirkung
aller Kräfte die Zahl der Mandate zu gewinnen, die zur Abwehr der Reaktion
erforderlich ist. Dabei wird der einzelne Wähler, der für den Kandidaten einer
anderen Parteirichtung seine Stimme abgeben soll, berücksichtigen, daß dagegen in
anderen Wahlkreisen der Kandidat seiner Partei durch die Stimmabgabe der Wähler
der anderen Parteien unterstützt wird. *.. Der Ernst der Lage erfordert, daß jeder
einzelne Gesinnungsgenosse sich der Notwendigkeit, Disziplin zu halten, bewußt
bleibt, und so seine Stimme abgibt, wie es dem für den einzelnen Wahlkreis getroffenen
Abkommen und unserem großen Ziele entspricht."

Im sozialdemokratischen „Volksfreund" mahnt das sozialdemokratische Zentralkomitee
für Baden seine Wähler entsprechend; dasselbe geschieht sinngemäß in den
Geleitworten des demokratischen „Landesboten".

Zwei Tage vor der Stichwahl fand in Freiburg die abschließende Wahlveranstaltung
der Nationalliberalen statt, deren Landesparteichef Dr. Obkircher selbst für eine
Stimmabgabe im Sinne des Großblocks warb. In flammender Rede setzte er sich in
der Freiburger Festhalle mit dem politischen Gegner auseinander und griff wie
Wacker so auch Karl noch einmal scharf an.

Nachdem Obkircher u.a. des Zentrums Zusammengehen mit der Sozialdemokratie
vor 1904 in der gemeinsamen Forderung nach einem neuen Wahlrecht angesprochen
hatte, fuhr er zur Verteidigung der neuerlichen Großblockpolitik „von Bassermann
bis Bebel" fort:

„Meine Herren, damals war die Stichmarke, die jene Partei mit dem Zentrum zusammengeführt
hat, das direkte Wahlrecht. Man war damals im Zentrum demokratisch
gesinnt. Jetzt hat man sein konservatives Herz entdeckt. Aber da fand man doch
Schwierigkeiten vielfältiger Art. ... Da mußte ein Wort gefunden werden, um diese
Schwierigkeiten zu beseitigen. Und das Wort wurde gefunden. Es wurde glücklich

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