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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 209
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des Oberreichsanwalts, die mit der Zuständigkeitsverordnung vom 21. Februar 1940
(RGBl. 1940 I, S. 405) eingeführt worden war. Der Oberreichsanwalt konnte beim
Reichsgericht in Leipzig Beschwerde gegen ein Urteil einlegen. Das Reichsgericht
entschied in der Sache selbst oder verfügte eine Zurückverweisung zum Zwecke der
Neuverhandlung. Das Instrument der Nichtigkeitsbeschwerde wurde jedoch zunehmend
genutzt, um zu „milde" ausgefallene Urteile im nachhinein zu verschärfen.7

Generell war für einen Angeklagten vor dem Sondergericht ein Verteidiger vorgesehen
, gegebenenfalls von Amts wegen zu bestellen.8 Tatsächlich fanden viele
Sondergerichtsverhandlungen ohne Verteidiger statt. Ende 1944 wurde schließlich
aufgrund der „Verordnung zur weiteren Anpassung der Strafrechtspflege an die
Erfordernisse des totalen Krieges" (RGBl. 19441, S. 339) die Bestellung eines Verteidigers
in das Ermessen des Gerichts gestellt: „§ 12 (2) Die Vorschriften über die notwendige
Verteidigung finden keine Anwendung. Der Vorsitzer bestellt einen Verteidiger
für das ganze Verfahren, wenn wegen der schwierigen Sach- oder Rechtslage die
Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist oder wenn sich der Beschuldigte seiner
Persönlichkeit nach nicht verteidigen kann." Welche Auffassung manche Richter von
der Notwendigkeit eines Verteidigers hatten, zeigen die Äußerungen des wegen seiner
Verhandlungsführung gefürchteten Nürnberger Sondergerichtsvorsitzenden Rothaug
und die des Stuttgarter Sondergerichtsvorsitzenden Cuhorst. Während Rothaug der
Meinung war, „es handele sich bei der Verteidigung um eine überflüssige Erscheinung
",9 vertrat sein Stuttgarter Kollege Cuhorst die Auffassung, „ein fähiges Gericht
bedürfe keines Verteidigers, da es selbst in der Lage sei, auch entlastende Momente
zu berücksichtigen".10

Den im März 1933 errichteten Sondergerichten waren in der Spätphase der Weimarer
Republik bereits ähnliche Einrichtungen vorausgegangen. Auf Grundlage der
„Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer
Ausschreitungen" (RGBl. 1931 I, S. 537) ließ die Regierung Papen im August
1932 einige Sondergerichte einrichten, Diese wurden jedoch im Dezember des gleichen
Jahres von der Regierung Schleicher wieder aufgelöst.

Selbst die Sondergerichte vom März 1933 sollten eigentlich gleichfalls nur von vorübergehender
Dauer sein. Aber auch nach der Stabilisierung des Regimes wurden sie
beibehalten, Die Machthaber hatten wohl Gefallen an ihrem neuen Mittel der
„Rechtspflege" gefunden. Hinzu kam eine Welle der Schwerstkriminalität im Jahre
1938, die mit dem Instrumentarium der Sondergerichtsbarkeit bekämpft werden
sollte. Unmittelbarer Anlaß für die Ausdehnung der Sondergerichtsbarkeit war ein
UberMl mit nachfolgender Ermordung der Opfer sowie der Verfolger am 18. November
1938 in Graz gewesen. Zwei Tage später, am 20.11.1938, erging eine Verordnung
(RGBl. 19381, S. 1632), nach der die Staatsanwaltschaften ermächtigt wurden, Straftaten
, die eigentlich nicht in die Zuständigkeit von Sondergerichten gehörten, dennoch
dort anzuklagen, wenn „mit Rücksicht auf die Schwere oder Verwerflichkeit der
Tat oder die in der Öffentlichkeit hervorgerufene Erregung die sofortige Aburteilung
durch das Sondergericht geboten ist". In der Praxis bedeutete dies die Ausdehnung
der Sondergerichtsbarkeit von „politischen" Delikten wie der „Heimtücke" auf Bereiche
der „normalen" Kriminalität. Die eigentliche Ausweitung der Sondergerichtsbarkeit
erfolgte mit Kriegsbeginn. Eine am L September 1939 erlassene Verordnung

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