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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 36
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Dieter Mertens - Der Freiburger Reichstag

ten sich noch keineswegs einig.10 Ende 1495 war
die Seuche im Südwesten des Reiches angelangt. Im
August hatte sich bereits der Reichstag zu Worms
mit dem Thema befaßt, am 7.8.1495 erließ Maximilian
ein strenges Gotteslästerer-Edikt. Lästerliches
Schwören und Fluchen, und sei es in Zorn oder
Trunkenheit, wurden darin mit schweren Strafen
belegt, weil Gott solche Beleidigung mit der neuen
Seuche ahnde.11 Im Januar 1498 schrieb der Quartiermacher
Herzog Albrechts von Bayern vom Freiburger
Reichstag, man müsse achtgeben: die bösen
Blattern seien in Freiburg allgemein verbreitet („fast
gemain zu Freiburg").12 Am Ende des Reichstags,
als der Reichskanzler Berthold von Henneberg
ernstlich erkrankte und deshalb noch eine Weile in
Freiburg bleiben mußte, schrieb der päpstliche
Gesandte nach Rom, es handle sich dabei um die
besagte Krankheit.13

Maximilian besiegelte sein gegen Karl VIII. gerichtetes
Bündnis mit Spanien 1496 durch die genannte
Doppelhochzeit. Um an der Seite seiner Verbündeten
in Italien eingreifen und einen eventuellen
neuerlichen Einfall Karls abwehren zu können
oder um Karl durch einen Einfall in Frankreich zuvorzukommen
, verlangte er von den Reichsständen
immer wieder Geldzahlungen: 1495, 1496, 1497,
1498. Als Karl VIII. im April 1498 überraschend
verstarb und sein Nachfolger Ludwig XII. Ansprüche
auf das Herzogtum Mailand erhob, ließ Maximilian
im Gegenzug seine Ansprüche auf das Herzogtum
Burgund wieder aufleben und rüstete zweimal
zum Feldzug - dies war die Situation während
des Freiburger Reichstags. Bei einer Musterung seiner
vorderösterreichischen Truppen Anfang September
1498 in Ensisheim zählte er in langer, einstündiger
Rede allen „Betrug und Verrat" auf, den
die französischen Könige an ihm und dem Reich
begangen, ihr Streben nach der Kaiserkrone und alle
unrechtmäßigen Eroberungen, derer sie sich schuldig
gemacht hätten - der eine Konkurrent schildert
hier den anderen in einer übrigens beeindruckenden
Rede, denn der mailändische Gesandte versichert
, daß sie viele Grafen und Ritter gar zu Tränen
gerührt habe.14

II

Dynastische Rivalität, Heiraten, Kriege und Erbfälle
, Erbfälle riesigen Ausmaßes - das Zentrum
solcher ins Großdimensionierte gewendeten, aber
gleichwohl archaisch anmutenden, familial bestimmten
Politik war der Herrscher und sein Hof.
Man kann den Fortgang solcher Politik beschreiben
, ohne den Reichstag sonderlich häufig erwähnen
zu müssen. Freilich wußte die nach solch archaischen
Grundprinzipien handelnde und weiter
wachsende Großdynastie sehr wohl moderne Techniken
und Organisationsformen zu nutzen und zu
fördern: in den Bereichen der Kommunikation, der
Banken, des Militärs, der Verwaltung.

Die neue Technik des Buchdrucks, Motor einer
enormen Kommunikationsverdichtung seit dem
ausgehenden 15. Jahrhundert, ermöglichte es, Texte
und Bilder mit großer Geschwindigkeit in großer
Zahl und an mehreren Orten zugleich herzustellen
. Maximilian war ein Medienvirtuose und begnadeter
Kommunikator, unter den damaligen
Monarchen wohl der interessierteste und versierteste
. Er nutzte das neue Medium sehr differenziert.
So sind der bebilderte Druck seines Heldenepos
„Theuerdank" (1517) oder die Holzschnittserie der
„Ehrenpforte" (1517/18) edle, repräsentative Spitzenprodukte
, die nicht für den Markt bestimmt
waren, sondern für den Hof. Sie wurden nicht verkauft
, sondern vom Herrscher verschenkt, gehörten
also in die Sphäre von Repräsentation und Huld.
Der massenhaften Verbreitung diente hingegen die
vielfältige gedruckte Publizistik. Maximilian ließ
Flugblätter und amtliche Schreiben verbreiten, beschäftigte
und stimulierte Literaten und bildende
Künstler, darunter die besten seiner Zeit. Sie propagierten
seine politischen Absichten und dynastischen
Ansprüche in Bildern und Texten - und verbreiteten
nicht zuletzt sein Bild und Antlitz. Kein
Herrscher vor oder neben ihm war in vergleichbarem
Maße medial präsent. Die markante Physiognomie
, unverwechselbar schon dank weniger
Merkmale, wurde im Lauf seiner Regierungszeit
nahezu allgegenwärtig gemacht. Die Nase garantierte
das Wiedererkennen. Der junge Götz von

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