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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 43
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Dieter Mertens - Der Freiburger Reichstag

großen „königlichen Tag". Ort und Termin bestimmt
der König. Wichtig sind im Reich ferner die
Wahltage, wo die Kurfürsten unter der Führung des
Mainzer Erzbischofs und Reichskanzlers nach den
in der Goldenen Bulle festgelegten Regeln den König
wählten - diese Tage waren naturgemäß selten,
aber sie gaben den Kurfürsten und insbesondere
dem Mainzer Erzbischof den entscheidenden Vorrang
vor allen übrigen Fürsten im Reich. Die letzte
Königswahl vor 1498 lag ein Jahrzwölft zurück:
1486 hatte Kaiser Friedrich III. bereits zu seinen
Lebzeiten die Wahl Maximilians zum König und
Nachfolger erreicht.

Im Unterschied zu den Hof- und den Wahltagen
war der Reichstag, wie gesagt, ein junges Gebilde.
Er entstand im 15. Jahrhundert in Konkurrenz zum
Hof. Dies wurde möglich, weil das Königtum über
fünf Jahrzehnte hin, etwa von 1420 bis 1470, dermaßen
eingeengt und durch regionale Konflikte
gebunden war, daß es sich an der Bewältigung der
aktuellen Krisen nicht beteiligen konnte. Statt seiner
handelten einige Fürsten unter der Führung der
Kurfürsten ohne den König und dessen Hof. Auf
diese Weise trat „das Reich" neben den König. So
ist die erste schriftliche Fixierung der Zahl und Leistungen
aller Reichsstände - ein wichtiger, aber erstaunlich
später Vorgang - 1422 nicht vom König
vorgenommen worden und auch die früheste
Kopfsteuer auf alle einzelnen Reichsangehörigen ist
nicht vom König erhoben und verwaltet worden,
sondern von Reichsständen unter der Führung der
Kurfürsten. Dies geschah auf Zusammenkünften,
die man einfach „Tage" nannte und deren vornehmster
Teilnehmer der päpstliche Legat war. Der
Glaubenskrieg gegen die ketzerischen Hussiten -
mehr eine Christenpflicht denn eine politische Verpflichtung
- bot den Rechtsgrund, erstmals jeden
einzelnen zu veranlagen. Auch jene Tage, auf denen
beraten wurde über die Reaktion des Reiches
und der Christenheit auf die spektakuläre, symbolträchtige
Eroberung Konstantinopels durch Sultan
Mehmet II. 1453, besuchte Kaiser Friedrich III.
nicht persönlich mit seinem Hof; er ließ sich durch
Räte vertreten. Dies blieb so mehr als ein Jahrzehnt

lang auf ingesamt elf Tagen, während das weitere
Vordringen der Türken auf dem Balkan bis nach
Kärnten und Krain und Ungarn und Polen wachsenden
Druck ausübte.

Als der Kaiser um 1470 wieder mehr Bewegungsspielraum
gewann und seinen Sohn Maximilian
, seit 1477 Herzog von Burgund, 1486 zum
König wählen ließ, sah er sich einem inzwischen
recht gefestigten Corpus der Kurfürsten und der
Fürsten gegenüber - einem Corpus, dem er selber
nicht angehörte, obgleich er in seiner Eigenschaft
als Erzherzog von Osterreich ebenfalls Reichsfürst
war. Doch Habsburg entwickelte sich just jetzt zur
Großdynastie und wuchs rasch in die Konkurrenz
der großen Monarchen hinein. War Friedrich III.
jahrzehntelang in seinen Erblanden eingeklemmt
gewesen, ohne daß sein Hof die Reichsfürsten integrieren
konnte, so wuchs Habsburg sehr rasch
dank der burgundischen Heirat Maximilians in neue
Aktionsräume und Interessen hinein, wohin die
Kurfürsten, Fürsten und Reichsstädte nicht folgen
mochten, um nicht in kostenträchtige Verwicklungen
einbezogen zu werden. 50 Jahre lang hatten sich
Tagungsformen ohne den König entwickelt, jetzt
traten die Kurfürsten, die Reichsstädte und, als
jüngste Formation, die heterogene Gruppe der Fürsten
, Grafen und Herren dem König auf den Versammlungen
als drei ständische Gruppierungen
gegenüber; sie nannten sich zunächst „Räte", später
„Kurien". Berthold von Henneberg, seit 1484
Erzbischof von Mainz, agierte von Anfang an als
der Sprecher der Kurfürsten und der übrigen Stände
und parierte die Hilfsbegehren des Kaisers mit
Gegenforderungen: 1485 mit der Forderung nach
einem Tag und der dort neben der Ungarnhilfe zu
behandelnden Themen Gericht, Münze, Landfriede
.28 Jetzt bildeten Kurfürsten und Fürsten die
Formen gemeinsamer, unabhängiger Beratungen
der „Räte" aus, die der Kaiser immer wieder zu
durchkreuzen suchte. Seinen Sohn warnte, ja verwarnte
er eindringlich wegen zu weitgehendem
Entgegenkommen. 1495 hielt Maximilian in Worms
den ersten Tag nach dem Tod seines Vaters als nunmehr
alleinregierender König. Die drei Kurien tra-

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