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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 44
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0046
Dieter Mertens - Der Freiburger Reichstag

ten ihm unter der Führung des Reichskanzlers Berthold
von Henneberg in voll ausgebildetem
Beratungsverfahren gegenüber: Sie bildeten den
Reichstag gegenüber dem König und seinem Hof.
Die traditionellen Formen des Hoftags in Beratung,
Feier, Belehnung und Turnier, die der König pflegt,
konkurrierten in Worms mit den neuen, geschäftsmäßigen
Beratungsprozeduren des Reichstags. Der
Reichstag hat in Worms Gestalt und institutionelle
Eigenständigkeit gewonnen. In Freiburg wurde dieser
Vorgang wiederholt und so bestätigt. Der Dualismus
wurde nicht ausgetragen und aufgelöst, sondern
institutionalisiert.

Dieser Vorgang schränkte nicht nur den König
ein, auch auf ständischer Seite führte die Ausbildung
der drei Kurien zu deutlichen Machtverschiebungen
. Verlierer waren auf jeden Fall die reichsunmittelbaren
Ritter. Zum Hoftag hatte der König
sie oft genug direkt hinzugezogen, zum Reichstag
der drei „Räte" ließen ihnen die anderen Stände
keinen unmittelbaren Zutritt mehr. Verlierer waren
auch die Fürsten, da sie von den Kurfürsten
getrennt und mit Nichtfürsten zusammengespannt
wurden. Die Führungsrolle der Kurfürsten war hingegen
bestätigt. Gewonnen hatten auch die Reichsstädte
; denn sie bildeten auf dem Reichstag eine eigene
Kurie, wenngleich sie - kein Herrenstand -
ganz unten in der Reichstagshierarchie angesiedelt
waren; sie durften wohl raten, aber nicht mitentscheiden
. Doch auf den Hoftagen hatten sie eine
geringere Rolle gespielt, denn sie hatten lediglich
als Untertanen des Königs fungiert, die auf Anweisung
zu zahlen haben. Der König verlor sie nun an
seinen Widerpart, den Reichstag. In Freiburg strafte
er sie mit weitgehender Nichtachtung.

Trotz alledem befand sich das Königtum, aufs
Ganze gesehen, gewiß nicht in einer schwachen
Konkurrentenposition. Denn Rechtskraft kam den
Beschlüssen der Stände nur zu, wenn der König
ihnen zustimmte. Von der Drohung, seine Zustimmung
zu verweigern und ohne „Abschied" abzureisen
, ließen sich die Stände sehr wohl beeindruk-
ken und zu Kompromissen bewegen. Weil nur der
König Legitimität herstellen konnte und nicht der

Reichstag, wurden die Schlußdokumente der Versammlungen
, die „Abschiede", als Dokumente des
Königs publiziert, in denen auf Rat und Billigung
der Kurfürsten, Fürsten und anderen Stände verwiesen
oder die wie eine Einung von ihnen mitbesiegelt
wurden. Freilich war es den Ständen in
Worms 1495 auch gelungen, dem König Zugeständnisse
abzuringen, die ihm hinterher leid taten. Dann
kam Maximilian sich vor, wie er in Freiburg den
Ständen sagte, wie der König Gunther aus dem
Nibelungenlied, den Brunhilde in der Hochzeitsnacht
an Händen und Füßen band und an einen
Nagel hängte.29

Der Widerstreit zwischen Hof und Reichstag
bestimmte die so wichtige Wormser Versammlung
von 1495, wo jene großen Gesetze als Dokumente
des Königs beschlossen wurden, die am Beginn des
neuzeitlichen Reichsverfassungsrechts stehen, die
Maximilian durch Berthold von Henneberg immer
wieder in Erinnerung gebrachte „Wormser Ordnung
". Es sind dies 1. die Errichtung des ewigen
(unbefristeten) Landfriedens mit einem absoluten
Fehdeverbot, 2. die Neuorganisation des Königlichen
Kammergerichts,30 3. die Reichsexekution
gegen Landfriedensbrecher und 4. der Gemeine
Pfennig, eine auf vier Jahre befristete allgemeine
Steuer zur Finanzierung des Gerichts und der
Friedenssicherung. Auch sollte in Zukunft jährlich
ein Reichstag zusammentreten. Die nächsten
Reichstage von Lindau, Worms und Freiburg sind
als Vollzug dieses Beschlusses und Veranstaltungen
zur Fortschreibung der Wormser Beschlüsse aufzufassen
. Im Freiburger Abschied wird diese Abfolge
der Tage eigens erläutert und außerdem bestimmt
, daß es elf Wochen später, am 25. November
1498 wieder in Worms, weitergehen sollte.31
Doch dies unterblieb, denn Berthold von Henneberg
, der die Seele der ständischen Mitspracheforderung
war, der die Stände freilich auch stets zum
Jagen tragen mußte, war ernstlich krank; die Mehrzahl
der Stände mochte nicht kommen, der König,
der in Geldern Krieg führte, beschied die Stände
für den Januar 1499 nach Köln, doch auch hier kam
kein Reichstag zustande.

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