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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 118
(PDF, 95 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0120
Kroeschell/Maurer - Gesetzgebung und Rechtsprechung

verhängten Acht.10 Wer gegen einen Geächteten
Ansprüche hat, kann vom Kammergericht in Besitz
und Nutzung von dessen Gütern eingesetzt
werden. Gehört ein Friedbrecher einer Ganerbschaft
an, also einer oftmals alten und weitverzweigten
ritterlichen Erbengemeinschaft,11 so verliert er
durch die Acht seinen Anteil und darf in der gemeinsamen
Burg nicht mehr aufgenommen werden.
Wenn die Miterben hiergegen verstoßen, droht auch
ihnen die Acht. Die gleiche Sanktion wird für
Veräußerungsgeschäfte angedroht, die das Vermögen
den Achtfolgen entziehen sollen.

Beim Gemeinen Pfennig,12 der von den meisten
Reichsständen noch nicht erlegt worden ist, werden
Anwesende und Abwesende dringend an die
Zahlung erinnert. Der auf die habsburgischen Erblande
entfallende Anteil soll mit dem Vorschuß von
150000 Gulden verrechnet werden, der Maximilian
zugesagt worden war. Bei Auszahlung des Rests
sollen mindestens 6000 Gulden für die Besoldung
der Schatzmeister und des Kammergerichts einbehalten
werden.

Die Freiburger Beratungen über das Reichskammergericht
und andere Justizangelegenheiten waren
besonders gut vorbereitet. Schon für den
Reichstag von Lindau 1496 hatten Kammerrichter
und Beisitzer eine Denkschrift über die anstehenden
Fragen ausgearbeitet, die dann Artikel für Artikel
durchberaten wurde.13 Einige Punkte wurden
dabei zurückgestellt, über die nun in Freiburg entschieden
werden mußte.

Dabei ging es zunächst um die Personalprobleme
, die dem Gericht bis zu seinem Ende 1806
zu schaffen machen sollten.14 So sollte dem Kammerrichter
(damals: Markgraf Jakob von Baden)
wieder ein Stellvertreter beigegeben werden. Solange
die angestrebte Zahl von sechzehn Beisitzern
nicht erreicht sei, sollten für Urteile acht Beisitzer
und der Kammerrichter, für Beiurteile vier Beisitzer
ausreichen.

Der Regelung bedurften auch einige Fragen des
Notariats,15 das bis dahin eng mit der geistlichen
Gerichtsbarkeit verbunden gewesen war. Überwiegend
Kleriker, wurden die Notare bei ihrer Ernennung
in eine beim bischöflichen Gericht geführte

Matrikel eingetragen.16 Beim Kammergericht sollten
die Notare neben den Kammerboten Vorladungen
zustellen, was wegen der Vielzahl unbekannter
Notare offenbar zu Beglaubigungsproblemen führte
. Künftig sollten daher nur noch solche Notare
eingesetzt werden, die auf Grund eines Zeugnisses
ihres Landesherrn oder eines beim Kammergericht
abgelegten Examens in dessen Notarsrolle („rotel")
eingeschrieben waren.17 Die weiter in Aussicht
genommene allgemeine Regelung des Notariats erfolgte
schließlich in der Reichsnotariatsordnung
von 1512.18

Schwierigkeiten gab es im Gerichtsbetrieb auch
mit den Anwälten.19 Sie waren es etwa gewohnt,
daß man sie „täglich über die Gerichtsakten in der
Kanzlei laufen und sie besichtigen" ließ, was die
Gefahr des Verlusts und der Beschädigung von
„Brief und Siegel" mit sich brachte. Künftig sollten
sie sich mit auf ihre Kosten angefertigten Kopien
begnügen. Des weiteren ging es um die Rollenverteilung
zwischen Prokuratoren und Advokaten -
ein Dauerthema des Anwaltsrechts bis hin zur
Rechtsanwaltsordnung von 1878!20 Wie bei den
geistlichen Gerichten, so gab es auch beim Kammergericht
zwei Arten von Anwälten: die Prokuratoren
als bevollmächtigte Parteivertreter vor Gericht
, und die Advokaten, welche die Parteien berieten
und ihre Schriftsätze verfaßten.21 Die letztere
Tätigkeit war juristisch interessanter und auch
besser bezahlt. So erstaunt es nicht, daß Prokuratoren
gern auch die Aufgaben des Advokaten übernahmen
. Bei den geistlichen Gerichten war dies
längst üblich; der Freiburger Reichstag verbot diese
Praxis jedoch beim Reichskammergericht.22 Erst
1521 wurde dieses Verbot gelockert; freilich sollte
ein Prokurator auch künftig nur für seine eigenen
Mandanten als Advokat tätig sein.23

Projekt einer Kriminalprozessordnung

In der Punktation des Reichskammergerichts findet
sich auffälligerweise auch ein Artikel, der mit
den Aufgaben des Gerichts anscheinend nur wenig
zu tun hat: der Vorschlag zur Einführung einer
Kriminalprozeßordnung.24 Strafsachen konnten

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