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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 175
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0177
Christian Berger - Musik und Politik

menden Heinrich Isaac. Schon zwei Jahre zuvor,
am 13. November 1496, hatte Maximilian ihn zusammen
mit „sin hausfraw gen Wienn verordet,
daselbst furtter unsers bevelchs zu erwarten."8 Aus
anderen Schreiben desselben Tages erfahren wir, daß
die Augsburger Hofkapelle damals „ausgelöst"
wurde und die verbliebenen Kapellknaben ebenfalls
nach Wien übersiedeln sollten. Dieses Schreiben
ließ Maximilian nicht in Innsbruck, sondern
während eines Feldzuges in Oberitalien, und zwar
in Pisa ausfertigen, wo er auch zum ersten Mal
Heinrich Isaac begegnet sein wird.

Heinrich Isaac war damals einer der bedeutendsten
Komponisten Europas. Wohl um 1450 aus
Flandern gebürtig ist er seit 1485 als Sänger der
„cantori di San Giovanni" in Florenz nachweisbar,
die „den Figuralgesang am Dom, am Baptisterium
und an Santissima Annunziata zu versehen" hatten
.9 Das damals mächtigste Adelsgeschlecht der
Stadt, die Medici unter Lorenzo hatten ihn angeworben
.10 Nach dem Tod Lorenzos und der vorübergehenden
Vertreibung der Medici aus Florenz
mußte Isaac sich nach einer neuen Tätigkeit außerhalb
von Florenz umsehen. Offensichtlich stand er
damals „in irgendwelchen Beziehungen zur Stadt
Pisa".11 Indem Maximilian einen Komponisten verpflichtete
, der sich an einem der damals bedeutendsten
kulturellen Zentren des Abendlandes bewährt
hatte, verdeutlichte er sein Bemühen, auch in Österreich
und Mitteldeutschland den Anschluß an die
musikalischen Errungenschaften des Südens und
Westens Europas zu befördern. Wie wichtig dem
deutschen Kaiser dieser europäische Vergleich war,
zeigt ein Ereignis aus dem Jahre 1503. Philipp der
Schöne kehrte damals über Frankreich und Österreich
von seiner großen Spanienreise in die Niederlande
zurück und machte in Innsbruck bei seinem
Vater Maximilian Station. Am 26. September 1503
fand dort ein Trauergottesdienst für Hermes Sforza
von Mailand statt, an dem die burgundische Hofkapelle
Philipps des Schönen ein Requiem ihres
Leiters Pierre de la Rue, die habsburgische Maximilians
dagegen eine 6-stimmige Missa ihres Leiters
Heinrich Isaac aufführte.12 Es ging also bei den
musikalischen Darbietungen der Hofkapelle um die

staatliche Repräsentation, die Wirkung nach außen
im europäischen Vergleich. Um dieses Ziel zu erreichen
, schien Maximilian der Niederländer Heinrich
Isaac der richtige Mann, um die kompositorischen
Errungenschaften seiner Zeit auf höchstem
Niveau in Wien einzuführen.

Nun mag die Berufung Isaacs auf eine persönliche
Begegnung in Pisa zurückgehen. Gleichwohl
wird sich Maximilian dabei auch auf die Empfehlungen
seiner Berater verlassen haben. Deshalb stellt
sich die Frage, warum er nicht den bedeutendsten
Komponisten der damaligen Zeit berufen hat, nämlich
Josquin Desprez. Als sechs Jahre später, im Jahre
1503, der Herzog von Ferrara, Ercole I. d'Este,
einen Nachfolger für die Stelle des Hofkapellmeisters
suchte, sollte er sich bewußt gegen Isaac
und für Josquin entscheiden. In einem vielzitierten
Schreiben seines Gesandten in Frankreich übermittelte
ihm dieser seine Einschätzung der beiden flämischen
Komponisten. Dabei gibt der Gesandte
Isaac den Vorzug, da dieser „sehr schnell komponieren
kann und außerdem ein trefflicher Mann ist,
mit dem man leicht umgehen kann". Josquin komponiere
zwar besser, „aber er tut es nur, wenn es
ihm paßt, nicht wenn es ein anderer wünscht".13
Offensichtlich stand Josquin in jenen Jahren auf
dem Höhepunkt seines künstlerischen Ansehens.
Diese Einschätzung stimmt gut überein mit der
Uberlieferungslage seiner Werke. Insbesondere der
erste Druck Ottavio Petruccis, das Odhecaton A
von 1501 mit zahlreichen Werken Josquins, machte
ihn mit einem Schlage in ganz Europa bekannt.
Dagegen sind aus der Zeit vor 1500 außerhalb der
päpstlichen Kapelle, in deren Diensten er sicher bis
1494 stand, kaum Handschriften seiner Werke überliefert
. Die wenigen nicht-römischen Exemplare stehen
in enger Verbindung mit den damaligen Herrscherhäusern
, wie das Chorbuch Ms. mus. 9126 der
Bibliotheque Royale in Brüssel, das für die Hofkapelle
Philipps des Schönen geschrieben wurde,
und das Manuskript mus. 5248 des Wiener Kunsthistorischen
Museums, das zur Hochzeit Maximilians
mit seiner zweiten Frau Bianca Maria Sforza
angefertigt worden sein soll.14 Hinzu kommt, daß
er im Zeitraum von ca. 1494, wenn die Überliefe-

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