Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 176
(PDF, 95 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0178
Christian Berger - Musik und Politik

rang der Gehaltslisten der päpstlichen Kapelle aussetzt
, bis zu seinem Engagement in Ferrara im Jahre
1503, an keinem europäischen Hof nachweisbar
ist. Stichhaltige Vermutungen weisen ab 1501 auf
den Hof des französischen Königs Ludwig XII. hin,
dessen „Kapellmeister von Haus aus" er möglicherweise
gewesen ist.15 Seit kurzem kommt aber noch
ein ganz anderer Gesichtspunkt hinzu. 1955 erwähnte
Claudio Sartori eine Eintragung des Namens
„Judocho de frantia" in einem Dokument der
Mailänder Domkapelle aus dem Jahre 1459, die seitdem
auf Josquin Desprez bezogen wurde.16 Mit
guten Gründen hat nun Adalbert Roth diese Beziehung
in Zweifel gezogen.17 Bestätigte sich dieser
Zweifel, wäre Josquin viel jünger gewesen als
bislang angenommen werden mußte, denn ein
Dienstantritt im Jahre 1459 zieht notwendigerweise
ein Geburtsjahr um 1440 nach sich. Rückt der
erste Nachweis aber in die 1470er Jahre, dann wäre
Josquin um 1500 kein 60-jähriger Greis, sondern
ein Mann gewesen, der gerade eine steile Karriere
hinter sich gebracht hatte und nun die ersten Früchte
seines neuen Ruhmes ernten konnte. Unter diesen
neuen Voraussetzungen wäre im Jahre 1496 eine
Konfrontation mit dem wohl älteren Heinrich Isaac,
wenn sie überhaupt hätte erwogen werden können,
immer zugunsten des weit renommierteren Komponisten
Isaac ausgefallen.

Aber auf einer anderen Ebene ist eine Konfrontation
der beiden Komponisten in jenen Jahren doch
vorstellbar. Ein Reichstag ist nicht nur ein politisches
Ereignis im engeren Sinne, sondern dank der
repräsentativen Funktion gerade der Musik auch
ein kulturelles. Schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts
waren die Treffen der Kardinäle zur Wahl eines
Papstes oder Gegenpapstes in den Städten Oberitaliens
, schließlich die Konzilien zu Konstanz und
Basel Treffpunkte von Musikern aus ganz Europa
gewesen. Mit guten Gründen können wir annehmen
, daß dem Sänger Oswald von Wolkenstein auf
dem Konstanzer Konzil die modernsten mehrstimmigen
weltlichen Stücke französischer Provenienz
vor Augen und Ohren geführt wurden, die er dann
so kongenial mit neuen Texten versah.18 Uber die
musikalischen Aktivitäten während des Freiburger

Reichstages von 1498 sind wir leider nicht unte-
richtet, da das „vorhandene Aktenmaterial ... diese
gesellschaftliche und kulturelle Seite völlig unerwähnt
" läßt.19 Aber mit einer Reiserechnung des
kursächsischen Hofes vom 26. August 1498 wird
uns ein bemerkenswertes Dokument aus Freiburg
überliefert. Sie quittiert dem „Meister Paul
(Hofhaimer) den Organisten Kostung und für
Lernung von wegen des Jungen von Straßburg
(Hans Kotter)" die Auszahlung der stattlichen Summe
von 36 Gulden, dazu 4 Gulden „demselbigen
Jungen für Kleidung und für Schuhe auf ein ganzes
Jahr".20 Paul Hofhaimer war eigentlich seit 1490,
dem Jahr der Übernahme der Tiroler Regierung
durch Maximilian, Hoforganist des späteren Kaisers
in Innsbruck. Aber mit Beginn der Italien-Feldzüge
des Kaisers wandte sich Hofhaimer angesichts
der sehr unsteten Zahlungen seines Dienstherrn
anderen Einkunftsmöglichkeiten zu, wie er sie vor
allem bei Friedrich dem Weisen fand, dem er 1495
auf dem Wormser Reichstag wohl zum ersten Mal
begegnet ist.21 Aber Hofhaimer hatte nicht nur enge
Verbindungen zum mitteldeutschen und oberrheinischen
Raum, sondern auch zu seinen italienischen
Kollegen. Schon aus dienstlichen Gründen stand er
in Kontakt mit Heinrich Isaac, der nach seinem
Wiener Engagement weiterhin enge Beziehungen
zu Florenz pflegte, und auch mit Johannes Martini
war er befreundet, einem flämischen Musiker, der
1473 von Ercole I. d'Este anläßlich der Gründung
seiner Hofkapelle aus Konstanz abgeworben worden
war.22 Gerade als Hofhaimer in den Dienst Maximilians
getreten war, sollte Martini im Auftrag seines
Herzogs Paul Hofhaimer für den Ofener Hof
der Königin Beatrice von Ungarn anwerben, die
zuvor in Neapel Schülerin des Musikgelehrten Johannes
Tinctoris gewesen war P

In einigen mehrstimmigen Vertonungen jener
Zeit wird uns ein italienisches Lied überliefert mit
dem Textincipit „Fortuna d'un gran tempo". Neben
anonym überlieferten Kompositionen begegnen
uns dabei die Namen der Komponisten Johannes
Martini, Heinrich Isaac und Josquin Desprez.
Die Vertonungen Martinis und Isaacs finden sich
in einer Florentiner Handschrift aus den 1490er

176


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0178