Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 178
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nis der überkommenen Musiklehre heraus die
„Wiederherstellung ... der für sämtliche regulierte
' Musik gültigen Tonartenlehre" zum Ziel gesetzt
hatte.29 Möglicherweise hat der Freiburger Reichstag
von 1498 mit dazu beigetragen, das Studium der
Ars musica an der jungen Universität durch die
unmittelbare Begegnung mit zahlreichen Werken
der arriviertesten Kompositionskunst jener Zeit zu
beflügeln.

Anhang I

Auch die neuere Forschung hat das von Kotter aufgezeichnete
Stück bislang als ein Rätsel aufgefaßt,
das angeblich extreme Bereiche der sogenannten
„musica ficta" einsetzt,30 vergleichbar der Motette
„Absalon filii".31 In diesem Sinne intavolierte es der
spanische Komponist und Lautenist Francesco
Spinacino im 16. Jahrhundert, wobei er scheinbar
willkürlich kontrapunktische und melodische
Rücksichten walten läßt.32 Im T. 13 führt ihn das
sogar zu einer chromatischen Wendung a-as-g-a-b.
Erst die Fassung in Kotters Tabulatur verdeutlicht
das sinnhafte Spiel mit einer festen Auswahl von
Hexachorden, also denjenigen sechstönigen Skalenausschnitten
, mit denen der Tonraum strukturiert
wurde.33

Dem Stück liegt eine einstimmige Melodie zugrunde
, die allerdings nur schwer aus den verschiedenen
mehrstimmigen Fassungen herauszulösen
ist.34 Sie beginnt mit einem Quintabstieg zum tiefsten
Ton der jeweiligen Stimme, in der Oberstimme
vom g' zum c', dem sich unmittelbar ein Oktavaufstieg
anschließt, der dann in eine synkopische
Kadenzfloskel, hier zum f, zurückpendelt. Diese
Floskel, die nicht mehr zum Liedmodell gehört, bildet
zugleich die kontrapunktische Ergänzung zum
nächsten Stimmeneinsatz. Auf diese Weise wird der
anfängliche Quintabstieg in der nächsten Stimme
zur Tenorstimme, zur clausula tenorizanz der
Kadenzfloskel. Auch die dritte Stimme setzt wieder
eine Quinte tiefer, also von f aus ein und führt
von dort zu einem B-Schluß. Der anschließende
Oktavaufstieg wird um einen Ton nach oben versetzt
, um dann auf dieser None über dem B-Schluß,

einem c', zu kadenzieren. Eine konsequente Imitation
hätte zu einem Schluß auf der Oberquarte es
geführt, die offensichtlich vermieden werden sollte
. Damit ist die Entwicklung aber wieder zum
Ausgangspunkt, dem c'am Anfang der ersten Stimme
zurückgekehrt.

Beim Blick auf den weiteren Verlauf wird das
Prinzip deutlich, das der Anlage des Stückes zugrunde
liegt. Im ganzen Stück kommen außer einer
g-Floskel in T. 22/23 nur diese drei Schlußwendungen
vor, die auf c', f und B zielen. Diesen
drei Tönen entsprechen denn auch die Hexachor-
de, die in jeder Stimme ausdrücklich angezeigt werden
: Die 1. Stimme hat keine Vorzeichen, enthält
also theoretisch die drei üblichen Hexachorde
durum über G mit b-durum, naturale über C und
molle über F mit einem b-molle. Der 2. Stimme ist
ein b-molle vorgezeichnet, das einen Hinweis auf
eine Hexachordtransposition darstellt. Diese Stimme
enthält also kein Hexachord durum mehr über
G, dafür aber auf der anderen Seite des Systems das
Hexachord über B, während die dritte Stimme mit
b- und es-fa im Sinne einer weiteren Transposition
nun auch auf das Hexachord naturale über C verzichtet
und dafür, rein theoretisch, das Hexachord
über Es hineinnehmen kann. Es könnte also, jedenfalls
theoretisch, zum Gegeneinander von As und a
kommen, wie es Spinacino in seiner Intavolierung
vorgeschlagen hat. Aber die Verwendung der Hexachorde
ist weniger an kontrapunktische Rücksichten
gebunden als vielmehr an die Vorgaben des
zugrundeliegenden Modus. In diesem Fall weist die
Folge der 3 Kadenzstufen deutlich auf einen
lydischen Modus hin, dessen Schlußklang die Quinte
fa-fa bildet. Bei diesem Stück kommt es aber nur
zu Oktavklängen, die etwa im Fall des Schlußklanges
als Kombination von F-fa/f-ut gelesen werden
müssen. Damit ist eine Variante des lydischen
Modus angesprochen, die Heinrich Glarean in seinem
Dodecachordon von 1547 als Ionisch bezeichnen
wird. Anstelle der Quinte fa-fa, die im Falle
der Finalis F-fa den Tritonus F-fa/h-mi umfaßen
würde, tritt die reine Quarte F-fa-ut/b-fa, wie sie
Kotter im Fundamentum seinem Schüler bei einer
Clausula in fa vorstellt (vgl. Abb. 6), sowie die Quar-


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