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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 299
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0301
Horst Buszello - Krise, Reform und neuer Aufschwung

geistlichen Korporationen verlangt, sich einer Ablösung
von Ewigrenten - liegend auf privaten Häusern
, Scheunen oder Gärten innerhalb der städtischen
Mauern - nicht zu widersetzen.122

Angesichts aller widrigen Umstände sind die
Erfolge der Stadt bei der Schuldenablösung umso
höher einzuschätzen. In diesem Zusammenhang sei
nochmals auf das Haushaltsjahr 1549/50 verwiesen,
in dem die Stadt 3997 Pfund alte Schulden ablösen
konnte und nur 1125 Pfund neue Darlehen aufnahm
- mithin in diesem Punkt eine positive Bilanz vorweisen
konnte.123

Auch in einer zunftregierten Stadt wie Freiburg
blieben Spannungen zwischen Rat und Gemeinde
nicht aus; zum Ausbruch kamen sie vor allem in
wirtschaftlichen Krisenzeiten. Auf der einen Seite
stand eine begüterte bis reiche, auf Exklusivität
drängende Führungsschicht, die die einflußreichen
politischen und administrativen Amter für sich beanspruchte
. Ihr gegenüber forderten die einfachen
Zunftmitglieder (die „Gemeinde") ein stärkeres politisches
Gewicht sowie ein größeres Kontrollrecht
namentlich bei den städtischen Finanzen. Denn das
„cliquenhafte" und oft geheimnistuerische Verhalten
des Rats provozierte - zu Recht oder zu Unrecht
- Argwohn und Mißtrauen.

Die Existenz einer aktiven Bürgeropposition
reicht bis in die 80er Jahre zurück. Dies geht aus
einer eindringlichen Mahnung König Maximilians
von 1490 hervor, Rat und Gemeinde sollten zur
Eintracht zurückfinden: „wiewol ettlich personen
mit worten vnd geberden, vnzucht, freuel vnd
annder vngebürlich hendel gebrucht haben, [wünsche
die königliche Majestät], das raut und vnd
gemeind, auch vmb all vnd yed vergangen hendel,
wie die mit worten, wercken, räten, vnd getäten,
heimlich oder öffentlich ... geübtt, zuo vnwillen,
verdrieß, smech oder letzung entstanden sind, hin,
tod, ab, verzigen, gericht, geslicht, versünt, vnd das
sy all einander fruntlich, trostlich, hilfflich vnd
bystendig sigent, als bürgerlicher einikeit wol an-
stat". Gleichzeitig änderte die vorderösterreichische
Regierung - sicher gegen den Willen des Rats - die
Zusammensetzung der obersten städtischen Finanzbehörde
. Nur noch zwei Kaufhausherren sollten

vom Rat aus dessen Reihen gewählt werden, während
die Gemeinde das Recht erhielt, die drei übrigen
Kaufhausherren zu bestimmen - mit der Auflage
, daß diese keine weiteren Amter innehaben
durften. Die Rechnungslegung hatte von nun an
halbjährlich vor Rat und Gemeinde zu erfolgen,
wobei letztere durch ein 24köpfiges Gremium vertreten
wurde, in das jede Zunft zwei Mitglieder
entsandte. Erneuert wurde schließlich die Bestimmung
, daß der Rat die Stadt ohne Zustimmung der
Ächtwer nicht weiter verschulden durfte.124

Die Spannungen zwischen Rat und Gemeinde
brachen 1491 erneut aus. Im Jahr zuvor hatten neun
Zünfte solche Personen in das Amt des Zunftmeisters
und damit zu Ratsherren gewählt, in denen
die „altgediente" Ratsmehrheit offenbar Anhänger
der Opposition erblickte: Allen neun Räten, darunter
auch dem Oberstzunftmeister, verweigerte sie
eine Wiederwahl als „Zusätze". Gleiches wiederholte
sich bei den Ratswahlen des Jahres 1492; wieder
blockte der scheidende Rat Anhänger der
Bürgeropposition ab, indem er sie nicht als „Zusätze
" kooptierte.125 Die Krise eskalierte, als Ende
Juni 1492 Konrad Walzenmüller, Zunftmeister sowie
Ratsherr 1491/92 und neben Caspar Rotenkopf
die eigentliche Triebkraft des Widerstands, unter
mysteriösen Umständen ermordet wurde.126 Stras-
senunruhen, populistische Reden und verbale Drohungen
heizten die Situation weiter an, obwohl
nicht klar ist, über welche Anhängerschaft die Wortführer
jeweils verfügten. Der Rat, der den Tod
Walzenmüllers nur schleppend untersuchte, demonstrierte
Härte gegenüber den Oppositionellen,
die er verhaften, verhören127 und bestrafen ließ. Einige
der Verurteilten wandten sich daraufhin an
König Maximilian,128 worauf eine vorderösterreichische
Regierungskommission unter Vorsitz des
Landvogts Caspar von Mörsperg den Prozeß an
sich zog und die ergangenen Urteile überwiegend
abmilderte, zum Teil sogar aufhob. - Der mit Mühe
wiedergewonnene innerstädtische Friede wurde
wenige Jahre später nochmals auf die Probe gestellt.
Auf Drängen des Rates, der mangelnde Vertraulichkeit
der Beratungen monierte, wurde die Wahl der
Kaufhausherren 1495 erneut geändert: Der Rat,

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