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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 300
(PDF, 95 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0302
„sobald er geschworen hat", und der 24er Ausschuß
wählten von nun an „miteinander" die fünf
Kaufhausherren aus dem Kreis des neuen Rates.129
1496 verhinderte der Rat erfolgreich die erneute
Wahl Caspar Rotenkopfs zum Zunftmeister der
Schuhmacher, wobei er ausdrücklich auf dessen
Rolle in der Bürgeropposition der frühen 90er Jahre
verwies.

„... DAMIT SY SICH UNDER IN DESS BASS ERNEREN
UND IN FRIDSAMER EINIKEIT LEBEN MÖCHTEN ..."

1495 forderte der Rat die Zünfte auf, ihm Beschwerden
oder Besserungsvorschläge einzureichen. Uberliefert
sind die Forderungen der Schmiede, Krämer,
Schneider, Metzger, Schuhmacher und Bäcker -
dazu die jeweilige Antwort des Rats. In den zeitgenössischen
Akten wird dieser Vorgang unter der
Uberschrift „Reformierung der Zunft" zusammengefaßt
.130

In dem, was die Zünfte vorbrachten, erblickt die
Forschung den Ansatz eines neuen wirtschaftspolitischen
Denkens. Eine genaue Definition der einzelnen
Gewerbe sowie eine klare Abgrenzung zwischen
den Zünften, eventuell verbunden mit einer
Neuzuweisung einzelner Handwerke (Schmiede,
Krämer), ein verschärfter Zunftzwang (Bäcker),
niedrige Einfuhrzölle für Rohstoffe (Schmiede),
Ausschaltung des Zwischenhandels (Krämer/
Kürschner) und Einschränkung fremder Konkurrenz
(Krämer)131 sowie eine mengenmäßige Produktionsbegrenzung
für den einzelnen Betrieb (Schuhmacher
) sind die praktischen Konsequenzen aus
einer Wirtschaftsgesinnung, die Reglementierung
und Protektionismus in den Mittelpunkt stellt und
damit von einer freieren Wirtschaftsordnung abrückt
. „Die Abneigung gegen den Handel, der Abschluß
vor allem Fremden, die ängstliche Abgrenzung
der einzelnen Gewerbe sind allen Eingaben
gemeinsam" - so der Wirtschaftshistoriker Eberhard
Gothein in durchaus wertender Absicht.132

Die neuen Ordnungsvorstellungen der zünft-
lerisch verfaßten Handwerkerschaft lassen sich jedoch
noch weiter zurückverfolgen; sie werden erstmals
und umfassend greifbar in der Zunftordnung

der Gerber aus dem Jahr 1477.133 Ein Vergleich dieser
Ordnung mit älteren und gleichzeitigen Zunftordnungen
macht deren Stellenwert in der Wirtschaftsgeschichte
der Stadt Freiburg deutlich.

Stellvertretend für die älteren Zunftordnungen
stehe die Seilerordnung von 1378.134 Als leitenden
Gesichtspunkt stellt sie „unser aller friden und gemeinen
nutz und friden" voran - und grenzt sich
damit ab vom Eigennutz, der Unfrieden hervorruft.
In diesem Sinne verlangt sie von den Zunftmeistern
ein hohes Maß an gegenseitiger Solidarität im Verhalten
gegenüber Kunden (§ 2, 6, 9) und Gesellen
(§ 1, 7, 8) sowie beim Bezug der Rohstoffe (§ 11).
Die Vorschrift, daß der Verkauf der Waren in offenen
Läden (§ 9), zu gleichem Preis (§ 4, 5) und zu
gleichem Qualitätsstandard (§ 3) zu geschehen habe,
diente nicht nur dem Käuferschutz, sondern ebenso
dem Ziel, allen Meistern gleiche geschäftliche
Ausgangsbedingungen zu gewährleisten und unredliche
Konkurrenz zu unterbinden.

Den grundlegenden Gedanken der zünftleri-
schen Solidarität nimmt auch die Gerberordnung
von 1477 wieder auf, wenn sie als Ziel und Zweck
der neuen Ordnung verkündet, „damit sy [die Gerber
] sich under in deß baß erneren und in fridsamer
einikeit leben möchten". Um möglichst vielen Gerbern
ein Auskommen zu sichern, treibt sie den
Gedanken zünftlerischer Solidarität jedoch „auf die
Spitze", indem sie eine Obergrenze für die Größe
und damit für die Produktion des einzelnen Betriebs
vorschreibt (§ 22): „Item ein yeder diß handwercks
sol hinfür nit me dann vier äscher, wie die bishar ir
mäß gewonlich gehept hand, arbeiten zum meisten,
minder mag einer wol machen." Wenn angeordnet
wird (§ 8), daß ein Gerber mit einer Person außerhalb
der Zunft keine Geschäftsgemeinschaft eingehen
soll, so zielt auch diese Vorschrift auf den Erhalt
selbständiger und unabhängiger Betriebe, indem
sie kapitalkräftigen „Unternehmern" beziehungsweise
Verlegern den Zutritt verwehrt (denn
diese würden den Gerber de facto zu einem abhängigen
Zulieferer machen).

Weitaus nachdrücklicher als die Seiler versuchen
die Gerber, den preistreibenden Zwischenhandel bei
Rohstoffen zu unterbinden: Kein Gerber soll Felle


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