Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 302
(PDF, 95 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0304
- eine vor fremder Konkurrenz geschützte kleingewerbliche
Betriebsform mit kapitalfeindlichen
Zügen zur gesetzlichen Norm erhoben.

Eine nach Sachaspekten geordnete Auflistung
aller im Verlauf des späten 15. und des 16. Jahrhunderts
verfügten Vorschriften sowohl protektioni-
stischer wie intern regulierender Art würde vier
Hauptpunkte enthalten:

11 Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln
■ Versorgung der Handwerker mit Rohstoffen
Schutz des heimischen Gewerbes vor fremder
Konkurrenz

■ Konkurrenzregulierung und -limitierung nach
innen.

Eine solche Darstellung ließe die innere Konsequenz
und Stimmigkeit des Regelwerks erkennen.
Sie täuscht freilich auch eine Systematik und Einheitlichkeit
vor, die in der Realität so nicht gegeben
war. Eine chronologische Auflistung würde zeigen,
daß die Realisierung der neuen Grundsätze ein Prozeß
war, der sich über mehr als ein Jahrhundert erstreckte
. Und grundsätzlich wäre zu fragen, wie die
Vorschriften in der Praxis gehandhabt wurden.
Durch Zahlung von Strafgeldern, wie sie die Ordnungen
selber vorsahen, ließen sich viele Einschränkungen
umgehen - wobei die Höhe der zu zahlenden
Strafen ein Indiz dafür ist, welche zwingende
Bedeutung man den einzelnen Vorschriften zusprach
. Mit Betriebsgemeinschaften und verlegerischen
Praktiken ließen sich Produktionsbeschränkungen
unterlaufen, denn als Partner und Verleger
konnte auch ein wirtschaftlich überlegener Zunftgenosse
auftreten (verboten war etwa in der Gerberordnung
nur die Geschäftsgemeinschaft mit einem
zunftfremden Kapitalgeber). Und schließlich ist
daran zu erinnern, daß der handwerkliche Kleinbetrieb
in Freiburg ohnehin die Regel war;138 eine
Begrenzung der Produktionsmittel oder der Zahl
der Gesellen pro Meister bedeutete kaum eine Änderung
des bestehenden Zustandes, eher dessen
prophylaktische Festschreibung.

Die „geschlossene Stadtwirtschaft" war im 16.
Jahrhundert - nach allen verfügbaren Indizien -
auch in Freiburg kein ökonomischer Ist-Zustand,

sondern eine wirtschaftspolitische Leitvorstellung,
der die einzelnen Gewerbe mehr oder weniger, früher
oder später nahekamen. Alle Einschränkungen
gilt es zu berücksichtigen, wenn abschließend und
beispielhaft die Entwicklung des „modernen" Gewerbes
der Bohrer und Balierer im 16. Jahrhundert
skizziert werden soll.

Nach der Ordnung von 1544 und den Ergänzungen
von 1583139 durfte ein Balierermeister nur
einen Gesellen und einen Lehrling beschäftigen,
folglich nur zwei Schleifsteine selbst betreiben. Besaß
er weitere Schleifsteine, mußte er diese an andere
Meister vermieten - was in der Praxis wohl
bedeutete, daß diese als „verlegte Stückwerker" arbeiteten
. Die Rohmaterialien wurden von der Bruderschaft
genossenschaftlich eingekauft und in der
Weise verteilt, daß auf jeden der vorhandenen
Schleifsteine die gleiche Menge an Steinen entfiel -
was auch zur Folge hatte, daß nur die Balierer, nicht
die Bohrer in deren Besitz kamen. Der Zugang zum
Handwerk wurde mehrfach eingeschränkt. Lehrlinge
durfte ein Meister erst nach zehnjährigem
Meistertum einstellen; Stückwerker, die einen
Schleifstein nur gepachtet hatten, durften keine
Lehrjungen annehmen. Vor Einstellung eines neuen
Lehrjungen mußten drei Jahre vergangen sein;
eine Ausnahme wurde nur bei Meisterkindern gemacht
. Eine Mindestgesellenzeit von drei Jahren vor
Erlangung der Meisterwürde wurde obligatorisch.
Die Zahl der Schleifsteine wurde auf 68 festgeschrieben
. Um die monopolartige Stellung am südlichen
Oberrhein und darüber hinaus zu sichern, wurde
allen Mitgliedern der Bruderschaft strengste Geheimhaltung
der Arbeitstechniken auferlegt.
Schließlich wurde die Anwendung neuer Arbeitstechniken
oder von Maschinen, die einzelnen Meistern
eine Überlegenheit verschafft hätten, durch
obrigkeitliche Anordnung entweder ganz verboten
oder nur als Ausnahme auf Zeit gestattet.

Am 26. Januar 1498 schrieb Georg Eisenreich, Gesandter
beim Reichstag zu Freiburg, einen Bericht
an seinen Herrn, Herzog Albrecht von Bayern.140
Sollte der Herzog persönlich nach Freiburg kommen
- so Eisenreich -, würde er im Augustiner-


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