Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 334
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0336
Tom Scott - Freiburg und der Bundschuh

Stadt scheint sich die Lage bis 1500 entspannt zu
haben. Die in den 1490er Jahren schroff auftretenden
Konflikte mit den Klöstern um ihr günstiges
Satzbürgerrecht wurden durch das Eingreifen König
Maximilians entschärft, wenn nicht gänzlich
beigelegt. Eine durchgehende Klosterreform blieb
dagegen in den Kinderschuhen stecken, lieferten
sich doch die Konventualen und die reformgesinnten
Observanten ein andauerndes Gefecht,
das unentschieden ausging.6 Zum Vergleich: In
Basel obsiegten die Observanten und konnten somit
ihr Ansehen unter der Bürgerschaft festigen,
während in Straßburg die Konventualen die Oberhand
behielten, so daß die Bettelorden weiterhin
als Heuchler denunziert und dementsprechend nach
Einführung der Reformation stracks aufgehoben
wurden.7 Anzeichen eines tief verwurzelten Antiklerikalismus
am Vorabend der Reformation sucht
man zumindest in Freiburg vergebens.

Dynastisch sah sich die Stadt unwiderruflich an
das Haus Habsburg gebunden, da sie ihren politischen
Einfluß am Oberrhein der Vorrangstellung
verdankte, die sie innerhalb des vorderösterreichischen
Untertanenverbandes genoß, so lange der Sitz
der Regierung der Vorlande in der sonst unbedeutenden
elsässischen Kleinstadt Ensisheim blieb. Auf
den territorialen Landtagen hatte Freiburg im dritten
Landstand von Städten und Landschaften mit
Abstand die führende Stimme. Doch erwies sich
seine Loyalität zu Osterreich, die ebenso eine konfessionelle
Abkehr vom Katholizismus ausschloß,
während der Reformation und des Bauernkriegs als
verhängnisvoll. Schon vor dem Bauernkrieg hatte
die stellvertretende Führungsrolle, die die Stadt innerhalb
Vorderösterreichs bisweilen übernahm, ihr
Verhältnis zur umliegenden Bauernschaft getrübt.
Für eine territoriale Landstadt war es ohnehin eine
Seltenheit, daß sie ihre Machtsphäre im Umland
durch die Aufnahme sowohl von adligen als auch
von bäuerlichen Ausbürgern hatte ausdehnen können
, wie es Freiburg im Laufe der vorausgegangenen
zweihundert Jahre gelungen war.

Mag diese Ausbürgerpolitik der Stadt nicht nur
strategische und finanzielle Vorteile gebracht, sondern
solche bäuerlichen Ausbürger wegen ihrer

rechtlichen Privilegierung als gehorsame Untertanen
gewonnen haben, so ist nicht zu verkennen, daß
sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts dank des erbitterten
Widerstandes von mehreren Dorfadligen
Freiburg seiner größeren und wohlhabenderen
Ausbürgergemeinden am Kaiserstuhl hat entledigen
müssen.8 Das Hauptgewicht seiner auswärtigen
Politik hatte sich allerdings inzwischen ohnehin
auf die Errichtung eines ländlichen Territoriums
im Dreisamtal verlagert, das die Verkehrswege
über den Schwarzwald und die damit verbundenen
Wegezolleinkünfte sichern sollte.9

Zum ersten ernsthaften Zwischenfall kam es im
August 1495 auf der Kirchweihe zu Ebringen, als
eine Gruppe von Freiburger Gesellen von Dorfbewohnern
überfallen wurde, wobei ein Geselle erstochen
und mehrere schwer verletzt wurden.
Grund für den Haß auf die Freiburger war anscheinend
die kurz zuvor beschlossene Erhöhung der
Zollsätze bei der Einfuhr von Früchten in die Stadt.
An den Ereignissen fällt aber vor allem die unbändige
Reaktion in der Stadt auf. Die Nachricht von
der blutigen „Ebringer Schmach" löste eine derartige
Empörung aus, daß viele Bürger sie am gleichen
Abend vergelten wollten. Als am anderen
Morgen eine vom Bürgermeister angeführte bewaffnete
Reiterschar zum Dorf hinausritt, um etliche
Bauern als Geiseln festzunehmen, wurde sie von
über 700 Mann - fast ein Drittel der männlichen
Erwachsenen in der Stadt! - begleitet. Ebringen fanden
sie indes menschenleer vor; nur mit Mühe
konnte der Bürgermeister seine Truppe davor zurückhalten
, über das Dorf herzufallen und es auszuplündern
. Bei den darauffolgenden Verhören von
Anwesenden auf der Kirchweihe taten die Bewohner
der Breisgaudörfer ihren Unwillen gegen die
Stadt unmißverständlich kund. Dabei stellte sich
heraus, daß mehrere Freiburger Ausbürger aus
Merdingen die Ebringer bei ihrer Gewalttat unterstützt
hatten.10

Die Verschlechterung in den Beziehungen zwischen
Freiburg und seinem Hinterland hat indessen
eine längere Vorgeschichte. Als sich der Rat 1476
entschloß, zur Durchführung der Enquete den
Stadtschreiber auf eine mehrwöchige Reise zu ober-

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