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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 338
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0340
Tom Scott - Freiburg und der Bundschuh

ums zu eigen machten, keinerlei revolutionäre Strömung
unter dem gemeinen Mann gegeben, die sich
auf den Leitsatz von göttlicher Gerechtigkeit berufen
hätte. Bei genauerem Hinsehen wolle die Berufung
auf das „göttliche Recht" in den Bundschuhaufständen
um die Jahrhundertwende nichts weiteres
besagen, als daß die Teilnehmer ihr Vorhaben
als gottgefällig und schriftgemäß betrachteten. Vorbild
für den Bundschuh am Oberrhein sei die republikanische
Freiheit der Eidgenossen gewesen.25
An dieser Deutung ist sicherlich manches richtig
, wenn auch der Versuch, revolutionäre Qualität
einzig für den Bauernkrieg zu reklamieren, nicht
ganz zu überzeugen vermag. Sie zeigt indes, daß
sich die tragenden Gedanken der späteren Bundschuhbewegung
am Oberrhein viel plausibler aus
der Nähe zur Eidgenossenschaft erklären, als daß
sie eine Fortsetzung von radikalen religiösen Strömungen
darstellen, die in die Zeit von Hus und
Wyclif zurückreichen.

Die ersten Bundschuhverschwörungen
am Oberrhein

Dem Bundschuh des Jahres 1493 um die unter-
elsässische Reichsstadt Schlettstadt verliehen zwar
seine Organisation als geheime Verschwörung sowie
das Bestreben, Bauern und Bürger zum gemeinsamen
Vorgehen zu bewegen, einen radikalen Anstrich
. Doch sowohl die Forderung nach Aufhebung
aller feudalen Herrschaft als auch ein ideologisches
Legitimationsprinzip, die ansonsten als
Maßstab revolutionärer Absicht gelten, fehlten völlig
. In den unterelsässischen Dörfern wurde vielmehr
über Rechtsbeugungen und -Verschiebungen
vor dem geistlichen Gericht des Bischofs von Straßburg
geklagt, vornehmlich in Schuldsachen, wie uns
bereits beim bischöflich baslerischen Gericht begegnet
ist, sowie vor dem kaiserlichen Hofgericht
zu Rottweil. Aufgrund dieser bäuerlichen Beschwerden
versuchte der Dorfschultheiß von
Blienschweiler, Jakob Hanser, einen nahen Verwandten
in Schlettstadt, den Altbürgermeister Hans
Ulman, für eine allgemeine Erhebung zu gewinnen.
Dieser sollte die Bewohner der Reichsstadt zum

Anschluß aufwiegeln, obgleich die Städte unter
Berufung auf ihr „unverzogenes Recht" Appellationen
an fremde Gerichte umgehen konnten und
ihren Einwohnern daher solcher Arger meist erspart
blieb. Auf Ulmans Betreiben wurde der Beschwerdenkatalog
um die Forderung nach Vertreibung der
Juden und nach Aufhebung sämtlicher Zölle,
Ungelder und der Bede (das heißt der Landessteuer)
erweitert. Seinerseits schlug Hanser vor, Geistliche
auf eine einzige Pfründe im Wert von jährlich maximal
fünfzig Gulden zu beschränken. Jene Priester
, die sich dagegen wehrten, solle man umbringen
. Doch hat dieser Anklang an frühere antiklerikale
Ressentiments offenbar keine Zustimmung
gefunden, da die Forderung fallen gelassen wurde.26

Als taktisches Vorgehen wurde vereinbart, zunächst
Hauptleute aus verschiedenen Herrschaften
anzuwerben und notfalls die Eidgenossen um militärischen
Beistand anzugehen. Erst nach Einnahme
Schlettstadts wollte man eine Bundschuhfahne
wehen lassen, um sodann eine Befreiungskampagne
nach Norden über kleinere Reichsstädte wie
Rosheim und Oberehnheim anzutreten. Die Verschwörung
wurde jedoch Ende März 1493 verraten
, die Anführer verhaftet, verurteilt und hingerichtet
. Allein Jakob Hanser gelang es, für immer
zu entkommen.27

Was Hans Ulman dazu bewegte, an einer bäuerlichen
Verschwörung teilzunehmen, entzieht sich
unserer Kenntnis. Seine gescheiterte Wiederwahl in
den Schlettstädter Rat 1492 mag ihn verbittert haben
; er tritt ohnehin als eine turbulente und
spalterische Figur auf, die vom Groll zu umstürzlerischen
Gedanken getrieben wurde.28 Dabei ist
eine gewisse Parallele zu den gleichzeitigen Umtrieben
des Konrad Walzenmüller in Freiburg nicht
zu übersehen. Ob eine echte Solidarität zwischen
den Teilnehmern in der Stadt und auf dem Land
unter einem gemeinsamen Programm bestanden
hat, muß daher als fraglich erscheinen.

Der Schlettstädter Bundschuh hatte immerhin
ein Nachspiel, das Freiburg unmittelbar berührte.
Nachdem die Verschwörung aufgeflogen war,
konnte einer der Hauptleute, Ulrich Schütz aus
Andlau, über den Rhein nach Ebnet entweichen,

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