Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 348
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Tom Scott - Freiburg und der Bundschuh

men hatte, entpuppte sich als ein Rädelsführer; im
Laufe seines ausführlichen Geständnisses gab er
ohne Folter die Namen von über hundert Verschworenen
preis.59

Eine sachgerechte Beurteilung der Erfolgschancen
des oberrheinischen Bundschuhs, wäre er nicht
verraten worden, fällt angesichts der spärlich fließenden
Quellen schwer. Ob Fritz die strategisch
unentbehrlichen größeren Städte für seine Sache
hätte gewinnen können, muß als fraglich gelten. In
Weißenburg und Hagenau zum Beispiel läßt sich
kein breiter Anhang außerhalb der ackerbürgerlichen
Schicht ausmachen - wie auch im Bauernkrieg
.60 Für Freiburg fällt das Urteil gleichermaßen
ernüchternd aus. Doch hatte Joß Fritz mitnichten
alle Hoffnung aufgegeben. Ein drittes Mal
konnte er rechtzeitig entkommen. Obgleich sich
seine Spur danach vollends verwischt, hat er seine
Aufwiegelung heimlich fortgesetzt, denn es findet
sich zu Beginn des Bauernkrieges im Hegau von
ihm eine letzte Nachricht: „Under solichen
bauwren ist auch Fritz von Grumbach vß dem
Stiefft Speyer mit einem alten grauwen Barts gewesen
, der sich alwegen hat hören lassen, er könne oder
möge nit ersterben, der Bunthschuch hab dan zuvor
sein furgangkh erlanngt."61

Nicht von ungefähr war sein letzter Wirkungsort
unmittelbar an der Grenze zur Eidgenossenschaft
.

Vom Bundschuh zum Bauernkrieg

Die Anziehungskraft des Bundschuhs als Symbol
populären Widerstandes ließ mit dem Scheitern der
dritten Verschwörung unter Joß Fritz zwar nach,
er lebte dennoch im Volksbewußtsein weiter. 1518
kam es im Breisgau zu einem aufschlußreichen
Nachspiel bei einem Streit unter den Bergknappen
zu Todtnau. Als ein Lohnarbeiter auf der Trinkstube
drohte, „er wolle die Sweitzer über die gepirg
bringen, wan si wollen", um die Forderungen der
Knappen durchsetzen zu helfen, kam es zu einer
Rauferei, wobei die Gewerke befürchteten, die
Angelegenheit würde dermaßen überhandnehmen,
„das dan zw großer Verachtung und conspiracion

(daraus ain puntschuech entspringen möcht) dienen
ist". Die Verbindung des Bundschuhgedankens
mit Schweizer Freiheit wird hier abermals augenfällig
.62

Im Sinne einer Volksverteidigung gegen widerrechtliche
Herrschaftsausübung lassen sich außerdem
die Bemühungen des vertriebenen Herzogs
Ulrich auffassen, sich 1522 seines - von Österreich
besetzten - Herzogtums durch Anheuern von Söldnern
in der Schweiz und um den Bodensee unter
dem Banner eines Bundschuhs wieder zu bemächtigen
.63 Obwohl aus diesen Plänen zunächst nichts
wurde, rissen seine Bestrebungen doch nicht ab. Im
Herbst 1524 hat Herzog Ulrich von seiner Festung
Hohentwiel bei Singen aus die Bauern des Hegaus
wiederum zu einem Bundschuh aufgewiegelt, die
dann Anfang 1525 unter Zuzug von entlassenen
Schweizer Landsknechten den Marsch nach Norden
in sein Territorium antraten.64 Als der Feldzug
im Frühling versandete, gingen die Beteiligten in
den Aufständischen des Bauernkrieges unbesehen
auf. Damit wurde der Bundschuh als Symbol und
Programm von den reformatorischen Lehren, die
die Beschwerdeartikel des Bauernkrieges beflügelten
, überlagert und überholt.65

Es vollzog sich also mit dem Bauernkrieg in seiner
Anfangsphase ein Schauplatzwechsel vom
Oberrhein zum Bodensee und nach Schwaben. Die
Lage im Breisgau blieb jedoch weiterhin angespannt
. Der einst für den Bundschuh so bezeichnende
Antiklerikalismus schlug bald in reformatorische
Agitation um. In mehreren Städten des Breisgaus
fanden evangelische Prediger zeitweilig eine
Herberge, so Jakob Otter in Kenzingen66 und Otto
Brunfels in Neuenburg. Doch auf dem Lande gärte
es womöglich noch mehr. Neben reformgesinnten
Dorfpfarrern waren auch Winkelprediger unterwegs
, die eine radikalere Botschaft verkündeten.
Der rührigste unter ihnen war Hans Murer aus
Horb, seines Zeichens Akademiker und Arzt, der
1522/23 mit vierundzwanzig „Jüngern" den Breisgau
als Aufwiegler durchstreifte. Er nannte sich
dabei Karsthans, nach dem evangelischen Bauern
mit der Feldhacke, der im gleichnamigen Pasquill
1521 als Sinnbild des schlichten, unverdorbenen

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