Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 435
(PDF, 95 MB)
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sehen Aufgabe aus: daß Reuebekenntnisse, Danksagungen
, Anrufungen oder Lobpreisungen (und
was immer Gebete auszudrücken vermögen) zuallererst
nicht sinnlich vorstellbare und damit abbildbare
Geschehensabläufe mit handelnden Personen
vor Augen führen, sondern eine innere Glaubenshaltung
bezeugen. Dürer scheint diese Verantwortung
, Illustrator, mehr noch Interpret und
Kommentator des Textmaterials zu sein, auf eine
ebenso spielerische wie einfühlsame Weise wahrgenommen
zu haben. Neuere Deutungen setzen
deshalb voraus, daß sich der Zeichner vielfach auch
da von den Gebetsinhalten und -anlässen anregen
ließ, wo er vermeintlich zweckfrei im Geiste des
,,1'art pour l'art" fabulierte.

Um mit diesem eher abgelegenen Beispiel zu
beginnen: Aus einem an Christus den Erlöser gerichteten
Gebet (fol. 34v), das den Schutz von Leib
und Seele vor Teufel und Feinden erfleht, greift er
die Worte „Memento comprehensionis et tempta-
tionis tue - Gedenke Deiner Ergreifung und Versuchung
" auf und erfindet dazu die humorvoll moralisierende
Geschichte vom arglistigen Fuchs, der mit
Flötentönen die Hühner anlockt, um sie im nächsten
Augenblick zu packen (Abb. 7). Ein Bild der
Standhaftigkeit hingegen bietet der mit einem Spieß
bewaffnete Soldat nebenan, welcher das Treiben regungslos
verfolgt. Vielleicht legt er mit seiner unerschütterlichen
Pose auch ein Schutzversprechen
gegenüber dem Beter ab. Oder: Dem 45. Psalm (fol.
45r), der den Herrn als Beschützer „in tribulationi-
bus - in der Bedrängnis" preist, gibt Dürer die Darstellung
eines schlafenden Alten bei (Abb. 12), setzt
ihn in Kontrast zu den Textzeilen: „Darum fürchten
wir uns nicht, obgleich die Erde erbebt und die
Berge mitten ins Meer sinken, obgleich das Wasser
braust und schäumt und die Berge durch seine Kraft
zum Einsturz bringt." Gerade so schlief auch Jesus
während des Sturms auf dem See Genezareth (Mt.
8, 24), will uns wohl ein typologischer Hinweis sagen
, und schon leitet der voll Gottvertrauen schlummernde
Mann mit seinem Beispiel zur Nachfolge
Christi an. Oder, von zentraler Bedeutung in politisch
-theologischer Hinsicht diesmal: Das an den
hl. Maximilian, den kaiserlichen Namenspatron, ge-

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richtete Gebet (fol. 25v) wird flankiert von einem
Abbild des Märtyrerbischofs (Abb. 11), das mittels
Beigabe der privaten maximilianischen Mitrakrone
zugleich die Person des Herrschers meint. Es steht
für die Verschmelzung von geistlicher und weltlicher
Führerschaft und spielt auf Maximilians
abenteuerliche Pläne an, nach dem Kaiserthron auch
noch den Stuhl Petri zu besteigen, um die geeinte
Christenheit anschließend in den Kreuzzug zu führen
. Welcher Kraftanstrengung es dazu bedarf und
wessen der Kaiser sich rühmt, gibt der Auerochse
auf der Fußleiste als Sinnbild der „Virilitas", d.h.
Mannhaftigkeit, preis. Nicht nur medial vom Text
unterschieden, lädt der Buchschmuck also auch von
sich aus zu andächtiger Hinwendung ein und fordert
, mehr noch, dem uneingeweihten Betrachter
bisweilen erhebliche interpretatorische Mühen ab.
Das mag zur Orientierung genügen; detailliertere
Einblicke in die äußerst komplexe Dürersche
Phantasiewelt zu geben ist hier nicht der Ort.12

Abb. 12 Gebetbuch
Kaiser Maximilians.
München, Bayerische
Staatsbibliothek. Fol. 4$r.
Albrecht Dürer,
1514/15.

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