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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 128
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„Vaterlandsverräter", „Novemberverbrecher" und „Erfüllungspolitiker" verächtlich
gemacht.

Die durch große Gebietsabtretungen, Reparationszahlungen und die „Kriegsschuldlüge
" gedemütigte Republik stolperte durch schwere Krisen, Putschversuche
von rechts und links, eine verheerende Inflation und ständige Regierungswechsel,
und sie endete schließlich in der Weltwirtschaftskrise. Dieser Staat und diese Staatsform
konnten in der deutschen Bevölkerung kein Ansehen gewinnen, konnten den
Deutschen ihr gebrochenes Selbstbewußtsein nicht wiedergeben.

Nur wenige große Geister und Teile der deutschen Arbeiterbewegung entwickelten
aus den Erfahrungen des fürchterlichen ersten Weltkriegs Ideen von Völkerverständigung
, europäischer Einheit, Pazifismus und demokratischer Kontrolle der
Macht.

Die große Mehrheit des Bürgertums, die Bauern und vor allem die Akademiker,
die sich voll mit dem Kaiserreich identifiziert hatten, sehnten sich zurück nach dem
Glanz des starken Staates und der nationalen Größe, Daß aus einem nationalsozialistischen
Staat eine Diktatur mit einem rücksichtslosen Totalitätsanspruch werden
würde, konnten sich gerade die Protestanten aus den Erfahrungen mit ihren evangelischen
Landesherrn am wenigsten vorstellen. Sie sahen die Gründe für das Elend
im Liberalismus, in der Parteiendemokratie, im Internationalismus der Kultur und
im „Weltjudentum". Deutschlands Wiederaufstieg erhofften sie von der Stärkung des
„deutschen Geistes", „deutscher Frömmigkeit", der Erneuerung völkischer Kultur,
der Abkehr von allem Fremden und einem biologischen Rassegedanken, der einen
aggressiven Antisemitismus entwickelte.

Diese Welle nationalkonservativen Denkens spülte auch den Nationalsozialismus
nach oben und brachte Hitler im September 1930 seinen sensationellen Wahlerfolg.

In den evangelischen Gebieten und unter der evangelischen Bevölkerung war die
nationalkonservative Bewegung besonders stark. Auch die evangelischen Pfarrer waren
meist schon in ihren studentischen Korporationen stark deutschnational geprägt.
Sie hatten 1918 mit dem Ende der Monarchie, mit der Abdankung des Kaisers und
der deutschen Fürsten auch ihre kirchliche Obrigkeit verloren.

Die neue Obrigkeit bestand aus Demokraten, die aus der SPD, der DDP und dem
Zentrum kamen, und also sozialistisch, vielleicht sogar atheistisch, liberal oder
katholisch waren. Damit taten sich die Kirchen schwer. Und das Erscheinungsbild
des neuen Staates war nicht geeignet, das Mißtrauen zu überwinden.

Parallel zu den Überlegungen über eine politische Reichsreform wurde Anfang
der 30er Jahre eine kirchliche Verfassungsreform geplant, die im Juli 1933 zu einer
Kirchenverfassung mit einer „Reichskirche", einem „Reichsbischof* und einer
ersten deutschen Nationalsynode im September 1933 in Wittenberg führte.

In diese Richtung waren die evangelischen Landeskirchen energisch von den völkischen
, nationalen und nationalsozialistischen Gruppen in der Kirche gedrängt worden
, die sich als „Glaubensbewegung Deutsche Christen" zusammengeschlossen
hatten.

Die NSDAP hat 1932 die „Deutschen Christen" kräftig gefördert, weil Hitler, um
die Reichstagswahlen zu gewinnen, unbedingt Stimmenanteile aus dem nationalkonservativen
Lager zu sich herüberziehen wollte. Das gelang ihm auch. Bei den

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