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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 158
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0160
Inhaber des Freiburger Lederwarenhauses Berthold Dreyfuß, sich inzwischen entschlossen
hat, Geschäft und Geschäftshaus zu verkaufen und in die Emigration zu
gehen. Max Frank wird sich ausgerechnet haben, daß die neuen arischen Besitzer
kaum die Anwesenheit eines jüdischen Mieters schätzen würden.

Julius Max Hauser, 1890 in Endingen geboren, hatte Anfang der 20er Jahre Rosa,
die Tochter von Berthold und Lina Dreyfuß, geheiratet.17 Nach dem Tod seines
Schwiegervaters übernimmt er die Führung des Geschäftshauses in der Friedrichstraße
. Am 1. April 1933 steht auch vor seinem Geschäft ein SA-Posten, wird in grellem
Weiß „Jude" auf seine Schaufenster geschmiert.

Lina Dreyfuß hält dem psychischen Druck nicht stand, will in die Schweiz fliehen
. Am 24. Juli 1933 schreibt Käthe Vordtriede, bis 1933 Lokalredakteurin der sozialdemokratischen
„Volkswacht", aus Freiburg an ihren Sohn Werner: „Die alte
Frau Dreyfuß, Schwiegermutter von Leder-Hauser, ist in Basel in den Rhein gegangen
. Ihre Leiche ist schon gefunden ... Nun hat die alte Frau die Verfemung auch
nicht mehr ertragen. Ich war kurz vorher im Laden und sprach mit ihr. Sie wollte in
die Schweiz ziehen, band sich 3.000,- um den Körper, wurde geschnappt und sollte
ins Gefängnis. - So einer nach dem andern."18

Der Boykottdruck der Nazis zwingt Julius Hauser wirtschaftlich zwar nicht sofort
in die Knie. Aber er macht sich keine Illusionen über die weitere politische Entwicklung
. Anfang 1935 reist er nach Palästina, wohin Ruth, die älteste Tochter seines
Bruders Siegfried Hauser, mit ihrem Ehemann Heinz Lesser bereits im Vorjahr
emigriert ist, und erkundet dort die Möglichkeiten für einen beruflichen Neubeginn.
1936 verkauft er sein Geschäftshaus an einen Geheimrat Dr. Kohler in Berlin und
das Geschäft selbst an einen offenbar ebenfalls nicht aus Freiburg stammenden Franz
Schregle. Am 1. Mai 1937 emigriert Julius Häuser mit seiner Frau Rosas allerdings
nicht nach Palästina, sondern in die USA, wo er günstigere Bedingungen vorzufinden
hofft«

Auch Jenny Dreyfuß, die Witwe von Bertholds Bruder Siegfried, geht in die Emigration
. Sie hatte die neben dem Verkaufsgeschäft betriebene Großhandlung für
Kurz- und Lederwaren seit dem Tod ihres Mannes 1930 gemeinsam mit dem nichtjüdischen
Freiburger Kaufmann Franz Josef Schlegel geführt. Geschockt durch die
Boykottmaßnahmen übereignet sie ihm bereits Ende 1933 die Firma ganz. Jenny
Dreyfuß emigriert im Oktober 1937 nach Jerusalem. Sie folgt damit ihrer Tochter
Erna, die durch Heirat die palästinensische Staatsangehörigkeit erworben hatte und
schon im März 1936 dorthin ausgewandert war. Ihre unverheiratete Tochter Käthy
emigriert um die gleiche Zeit nach Cincinnati in die USA.20

Max Frank bleibt diese Abwanderung in die Emigration, die sich in seiner unmittelbaren
Umgebung abspielt, nicht verborgen. Fast täglich ist er Julius Hauser und
seiner Frau begegnet, die mehr als zehn Jahre über ihm in der dritten Etage des Hauses
wohnten. Er weiß, wer von den Familien Hauser und Dreyfuß - und von anderen
Familien - bereits ausgewandert ist. Dennoch - Max Frank emigriert nicht, bleibt
in Freiburg und zieht im Oktober 1936 zur Untermiete in die Glümerstraße 3L21
Glaubte er, daß sich der Terror unter den Augen der christlichen Mitbürger nicht
werde steigern können und daß es nicht zum Äußersten, zum Angriff der deutschen
„Volksgenossen" auf Leib und Leben der Juden kommen werde?

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