Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 172
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mit ihren Eltern, Ferdinand und Marie Wibel, 1893 nach Freiburg gekommen. Seit
1941 lebte sie in der Beethovenstraße.4 Sie war an dem Sonntagmorgen bereits auf,
während der bei ihr einquartierte Sanitätssoldat Dr. Hans Schindler, der damals als
Arzt in der Augenklinik Dienst tat, noch im Bett lag; er hörte den Vorfall von dort
aus mit. Frau Hein ging wegen des mehrmaligen Läutens hinunter an die Haustür
und schaute durch das verschlossene Fenster. Sie erkannte einen Mann, der einen
grauen Regenmantel sowie einen grünen Hut mit einer Kordel rundherum und eine
dunkle Brille trug. Gleich vermutete sie, dies sei der Gärtner, der schon häufig bei
ihnen gearbeitet hatte. Als er „Polizei!" rief, bekam sie es mit der Angst zu tun: Ob
er sich auf diese Weise Zugang zu ihrem Haus verschaffen wollte, um dort - vielleicht
sogar unter Gewaltanwendung - Wertgegenstände an sich zu nehmen? Sie
empfand jedenfalls sein Rufen als Brüllen und als Drohung. Nachdem er sich entfernt
hatte, rief sie den Gärtner Rappenecker an und fragte ihn, ob sein Gehilfe, der
schon bei ihnen beschäftigt gewesen sei, einen grünen Hut mit Kordel besitze. Rappenecker
wußte dies nicht, meldete sich aber am nächsten Morgen und bestätigte
Frau Heins Verdacht. Sie erstattete Anzeige.

Einen Tag später, am 21. Juli 1942, wurde Reinhold Birmele um zehn Uhr an seiner
Arbeitsstelle bei der Gärtnerei Rappenecker in der Brombergstr. 23 verhaftet und
noch am selben Tag durch Kriminalsekretär Frohn verhört.5 Birmele leugnete den
Vorfall nicht, bestritt aber jegliche aggressive Absicht und versuchte, das Ganze als
einen Scherz hinzustellen, der die Hausgehilfin habe schützen sollen. Dem Verhörprotokoll
ist anzumerken, daß der Kriminalbeamte über Birmeles Verhalten empört
war. Zu dessen Werdegang erfahren wir, daß er katholischer Konfession war und am
10. Juni 1914 in Luxemburg geboren wurde, wo sein Vater August als Mechaniker
wohl in einer Zeche tätig gewesen war. Später sei er nach Essen zu Krupp gewechselt
und 1920 nach Waldkirch gezogen. Die Eltern seien - „angeblich", wie der Beamte
vermerkte - „deutschblütig". Nach acht Jahren Volksschule habe er den Gärtnerberuf
erlernt.6 Seit dem 6. Lebensjahr habe er durchschnittlich alle vier Wochen
epileptische Anfälle. 1934 leistete er seinen Arbeitsdienst ab,7 trat aber, wie Frohn
ausdrücklich festhielt, nicht in die NSDAP ein. 1938 kam er zu Rappenecker, 1940
heiratete er. Frohn fügte seinem Protokoll noch hinzu: „angebl. einmal mit 7 Monate
Gefängnis wegen Diebstahl. Besitzt angebl. kein Vermögen."

Die Hausgehilfin Maria Weber8, am 22. Juli befragt, bestätigte im wesentlichen
die Darstellung Birmeles über ihr Gespräch im Garten. Allerdings wies sie es weit
von sich, daß sie jemals mit ihm eine Wanderung unternommen hätte, selbst wenn
sie von ihm dazu eingeladen worden wäre. Auf ihre Tugend wollte sie nichts kommen
lassen. Aber zwischen ihr und Birmele hatte es tatsächlich ein Mißverständnis
gegeben: Während er an Ferien und eine - wenn auch lockere - Verabredung
glaubte, hatte sie gemeint, daß sie an dem fraglichen Mittwoch ihren letzten Beschäftigungstag
bei der Familie Hein verbringe. Am 16. Juli 1942 war sie aus dem
Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Trotz ihrer Distanzierung von Birmele unterließ sie
es nicht, ihre frühere Dienstherrin anzuschwärzen: „Sie ist sehr hungerig [ein sprechender
Ausdruck für geizig, gemünzt auf eine Arbeitgeberin!] und gönnt einem andern
Menschen nichts. Mir ist es in der Zeit, in der ich bei ihr in Stellung war [ungefähr
zwei Jahre], nicht gerade gut gegangen. Das Essen war sehr knapp und ich

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