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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 188
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Eine Halbmonatsschrift -

H*raäafegebr»a voa Ernst Beakard, Bernhard Guttata an. Robert Haer dter.

Albert Oeser. Ben no Reifenberg.

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t. Jahrgang

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ZEITREGISTER

Eine neue '/Ai^hriH
Die Heraasgeber der mit diese» Zeile* hier Torgesteilten Zeit.
Schrift heben ihr den Titel «Die Gegenwert** gegeben. Sie gedenken
in ihr dM wahrhaftige Bild eines Zeitabschnittes erscheinen.
ed lassen, der immer zu den schmerzlichsten unseres Inendes gt—
zahlt werden wird. Als solcher mag er deutsche Gegenwart auf
•Ine 'noch nicht absehbare Spanne bestimmen. Es geht am eine
Bestandsaufnahme. Sie wird schwer zu gewinnen und nicht an.
genehm au ertragen sein. Weil ein Zusammenbruch in seinem
gansen Umfang abgeschritten wird, und weil untersucht werden
maß, inwieweit die Fundamente gelitten haben, Aber wie sollte
neues Banen am gegebenen Ort — die Substanz eines Volkes
bleibt in ihrem Kern unverrückbar — mit Nutzen begonnen wer*
den, wenn mau nicht vorher den Baugrund auf seine Festigkeit
tiberprüft hat? Der Frage, die den Herausgebern bei ihrem Beginnen
entgegenklang, ob es nämlich nicht für eine vorwärts
weisende und das beifit, für eine an das Einfachste sich haltende
Untersuchung noch zu früh sei, möchten sie-eise alte Weisheit
entgegenhalten: die Zukunft beginnt jeden Augenblick — l'»t>eair
eonmence 4 l'üutant. Halten wir uns an diese zuversichtliche
Überzeugung, die der Zukunft nur gibt, was der Gegenwart ah.
gerungen worden ist Halten wir uns an die Morgenröte, die,
Uber welchen Trümmerstätten auch immer, jeden gegenwärtige«
Tag als Aufgabe heranführt. Und damit als Trost.

Nürnberg-

Das Tribunal wird von den Siegern, nicht von den Deutschen
gestellt. Wäre es doch, so geht der Wunsch, unserem l-ande eicht
verwehrt geblieben, die für nein Schicksal Verantwortlichen zu
befragen, wieso unter ihren Händen selche Uaglüdtsaat hat emporwachsen
, wieso den Unmenschliche solch schändlichen Triumph
hat feiern können. Nach 1918 forderte die Nation nur mit halbem
Herzen von ihren Führern Reebenschaft für den Zusnmmenbrudi;
damals ist das Erbe eines verlorenen Krieges Hader gewesen
anstatt Spruch eines souveränen Volkes Ober Schuld und Unschuld
. Heete muß Deutschland sich eingestehen. daQ es überhaupt
die Möglichkeit verwirkt hat, vom eigenen Richterstuhl zu entscheiden
, inwieweit sein Vertrauen gerechtfertigt war, inwieweit es
betrogen worden ist. Es »od die Sieger, die in Nürnberg urteilen,
Sie erbeben Anklage gegen Anschläge auf den Frieden. Anschlag«
auf die Sicherheit der Völker und Anschläge auf das Menschenrecht.
Aber der Ansehlag auf die deutsche Seele, den Ursprang des Verderbens
, vermöchten nur die Deutschen selbst einzuklagen und zu
Bühnen, Das hätte bedeutet, eine revolutionierende Nation würde
aas eigener Machtvollkommenheit richten. Warum statt einer Revolution
sich eine Niederlage vollzogen hat, darüber werden ein.
mal die Historiker zu befinden haben; sie werden hierzu genaue
Kenner der modernen Methoden autoritärer Staatsform sein müssen.

So vermag von dem Saal, dessen Feaster verhängt sind, damit

die Trümmerstadt nicht allzu lästig die Szene verstellt, ffir
Dratschland nicht jene Befreiung auszugeben, die sonst wohl da«
Ende einer Gewaltherrschaft hervorrufen sollte. Stattdessen sieht
eine geschlagene Nation der Etablierung eines neuen Kapitels in
Völkerrecht zu, das im Namen der Weltöffentlichkeit den An*
greifer zum erstenmal als Verbrecher vor die Schranken ruft.
Ob einst das neue Wdtrecht, das sich hier abzeichnet, dos Leben
auf dieser Erde menschenwürdiger wird bilden könnm, das wird
in enter Linie davon abhängen, ob eine echte Gemeinschaft der
Völker dies neue Recht redlich und das beißt für alle anwendet,
Wir stehen erst am Anfang. Noch einem der von den amerikanU
sehen Klägern vorgebrachten Dokumente soll Hitler seinem Co«
neralstab gesagt heben: Nur der Erfolg gibt recht. Das gebort ra
den bedenklichen Wahrheiten, die seit Macchiavellia Zetted auch
dann zu gelten schienen, wenn der Erfolgreiche sein Ziel mit bin*
tigen Händen ergriff. Des Weltgericht hat oft vor der Welt*
geschiente sein Hanpt verhüllt. Freilich habe Hitler nndi dem selben
Dokument auch nicht den Vergleich mit Dschingis Khan gesehesi
Er hätte ihn scheuen sollen. Noch immer hat das Entsetzen vir
dem Namen die Bewunderung überwuchert. Dabei wirrl es
bleiben.

Das deutsche Volk könnte leicht daxu verführt werden. a. ab*
rend es dem sensationellen Gerichtsverfahren in Nürnberg ab Zu»
schauer beiwohnt, die vierhundert zwanzig Journalisten sieht, die)
in „War Correspondent"-Uniforman ihre Depeschen zeilenweise
aus dem Saal befördern, die Berge* von Papier, die aus des Gene«
ralstaatsanwalt Jackson 2100 Dokumenten aufwachsen, jeden
Mienenspiel in den Gesichtern der Angeklagten — e« könnte »er«"
fuhrt werden, Hitler und den Seinen nichts weiter vorzuwerfen*
als daß der Nationalsozialismus nicht gesiegt habe. Es geht aber
■idit einmal nur darum, zu lernen, inwieweit ein Volk von vi*
Führern mit Vorbedacht belogen worden ist lotachou darüber der
Prozeß nicht viel Zweifel übrig lassen dürfte). Das deutsche Volk
könnte in Nürnberg vielmehr lernen, daß es 1935 gegen sein besseres
Selbst entschieden bat: es könnte lernen, daß au» dem Jai.nar
1933 der September 1939 und daß aus dienern Septrinber der
Mai 1945 notwendig bat folgen müssen. Nur wenige haben diese
Notwendigkeit von vornherein erkennen können. Um so schreck»
lieber enthüllt sie sich jetzt.

Die gefallenen Großen, die heute zur Anklagebank von amerikanischer
Militärpolizei eskortiert werden, scheinen mit Hilfe de«
Föhrerprinzips ein befohlenes Tun rechtfertigen zu wollen.
einfach wird man der Verantwortung nicht ledig",' wird jedes»
mann rufen. Aber vers-essen wir nicht, daß ein nicht geringet
Teil des Volkes 1933 und später ein nicht weniger geringer Tefl
der Weltöffentlichkeit jenem Führerprinzip als dem Inbegriff da
Staatskunst zugejubelt hat. Freilich versahen sich damals die
Wenigsten, es mit einem Epigonen des Dschinghb Khan zu in»
zu haben.

Dum sab judtee IU est, die Sache bleibt strittig, solange sie in
Riditerhand liegt Es wäre sinnlos, in ein schwebendes Verfahren
eingreifen zu wollen. Noch haben die Angeklagten nicht gespro*

Abb. I Titelseite der Nr. 1 von „Die Gegenwart" 24. Dezember 1945 (Privatbesitz)


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