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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 191
(PDF, 35 MB)
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verstärkte sich der Druck auf die Redaktion, die im politischen Teil Verlautbarungen
der „Reichsschrifttumskammer" und des „Reichspropagandaministeriums" kompromißlos
abdrucken mußte.

In diesen Jahren entwickelte die Zeitung eine nicht unumstrittene16 Kunst, „zwischen
den Zeilen", d. h, doppeldeutig zu berichten; „es war eine verbissene, bisweilen
auch zweideutige Art des verdeckten Widerstandes, hart an der Grenze der
Stummheit" (Dolf Sternberger).17 Je stärker jedoch der politische Teil verstummen
mußte bzw. regimetreu schrieb, desto mehr entwickelte sich das Feuilleton zum
eigentlichen Sprachrohr der Redaktion. Hier versuchte die Zeitung, ihren Maßstäben
treu zu bleiben und Unabhängigkeit zu bewahren, indem sie weder die Ansichten des
Regimes übernahm noch die eigenen reziprok daran ausrichtete.18 1933-1943 soll
im Feuilleton nicht ein einziges antisemitisches Wort erschienen sein.19

Die Gratwanderung, die auch die Feuilleton-Redaktion durchmachen mußte, läßt
sich unter anderem an den Kunstberichten ermessen, hatten doch die Nationalsozialisten
- allen voran Hitler selbst - die Beurteilung von Kunst zu ihrer Sache erklärt,
und Goebbels 1936 Kunstkritik ausdrücklich zugunsten von „Kunstberichterstattung
" verboten.

Zur großen NS-Kunstausstellung 1937 in München erschien in der Frankfurter
Zeitung ein Artikel voll „verborgener Ironie, Distanz und Ablehnung": in 40 Zeilen
enthielt er zwei Dutzend kritische Anmerkungen, während Carl Linfert kurze Zeit
später sehr differenziert über die offiziell verfemte Ausstellung „Entartete Kunst" berichtete
.20 Später war das in dieser Form nicht mehr möglich.21 Dennoch erschienen
auch weiterhin Artikel, mit denen nationalsozialistische Vorstellungen in Frage gestellt
wurden. Als Beispiel sei der heute auf den ersten Blick harmlos erscheinende
Aufsatz „Uber Antiqua und Fraktur" genannt,22 in dem Ernst Benkard in geschickter
Formulierung die Meinung vertrat, „in der von den verschiedensten Zeiten umgeschriebenen
Fraktur einen Spiegel deutschen Wesens erkennen zu dürfen". Einige
Monate zuvor war eben diese Schrift als „Schwabacher Judenletter" verboten worden
,23 und auch die Frankfurter Zeitung hatte seit Ostern des Jahres in Antiqua erscheinen
müssen.

Natürlich blieb auch versteckte Kritik der „Gestapo" nicht verborgen,24 und diese
ergriff auch entsprechende Maßnahmen gegen die Zeitung. 1937 erhielt die Redaktion
eine scharfe Verwarnung wegen ihrer lobenden Besprechung der Züricher Uraufführung
der Oper „Lulu".25 1941 wäre beinahe ein Verfahren gegen Dolf Sternberger
wegen seiner Aufsätze „Figuren der Fabel" eingeleitet worden.26 1943 wurde
der Feuilletonchef Max von Brück vor ein Ehrengericht zitiert und anschließend aus
der Schriftleiterliste gestrichen, weil er die Aufführung eines nationalsozialistischen
Theaterstückes durch eine Beschreibung „in ermüdender Breite" verrissen hatte,27
Im selben Jahr folgte das Ende der Zeitung nach einem Artikel von Herbert Küsel
zum 75. Geburtstag des „Leibdichters" Hitlers und Mitbegründers der NSDAP, Dietrich
Eckart. Küsel wurde tagelang verhört und sein Name schließlich aus der Berufsliste
gelöscht, was einem Berufsverbot gleichkam. Da sich die Vorwürfe auf den
stellvertretenden Hauptschriftleiter Erich Welter und den Verlagsleiter Dr. Wendelin
Hecht ausdehnten, wurde die Zeitung - offiziell wegen kriegswirtschaftlich bedingten
Papiermangels - mit dem 31. August 1943 eingestellt.28

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