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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 211
(PDF, 35 MB)
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Doch die politische und wirtschaftliche Entwicklung seit 1946 machte eine Modifizierung
dieser Absicht nötig. „Wo ist heute nach zwei Jahren das Thema?" hatte
Benno Reifenberg schon 1947 in einer Redaktionssitzung gefragt. „Die grundsätzlichen
Dinge sind seit 1946 wohl erörtert worden, was sich bei einem Rückblick über
die beiden Jahrgänge ohne weiteres erweisen würde."170 1949 war in politischer Hinsicht
der Befund, daß Deutschland eine „Art vorpolitischen Daseins"171 führe, beziehungsweise
eine „amorphe Masse" sei - wie es Benno Reifenberg an anderer Stelle
formuliert hatte172 - überholt. Wirtschaftlich hatte der einsetzende Aufschwung eine
Stellungnahme zur Diskussion um die Form der staatlichen Wirtschaftspolitik nötig
gemacht. In dieser neuen Situation formulierte man zwei Grundgedanken der Zeitschrift
:

„1. Es gibt in Deutschland heute keine Alternative zur parlamentarischen Demokratie
. Es kommt alles darauf an, diese schwierige, nicht ohne weiteres volkstümliche
Staatsform stark zu machen, indem man die politische Urteilskraft ausbildet
und schärft. Dazu ist es nötig, dem Parlament durch die Presse die notwendige
öffentliche Antwort zu geben.

2. Die Wirtschaftsform erschöpft nicht den Inhalt des politischen Lebens, aber dieses
kann in der Behandlung der wirtschaftlichen Thematik seinen Wirklichkeitssinn
beweisen. Gerade deshalb dürfen die Fragen der Wirtschaftsform nicht ins Dogmatische
überspitzt werden. Man muss hier die Kraft zum Empirismus beweisen und
darauf gefasst sein, dass man noch jahrzehntelang darüber streiten wird, wo die Planung
aufhört und die freie Marktwirtschaft notwendig beginnt. Die Presse muss dabei
so unabhängig sein, dass ihre Beobachtungen und Ansichten von beiden Seiten
angehört werden."173

Thematisch veränderte sich die Zeitschrift in den folgenden Jahren dahingehend,
daß die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus eher in den Hintergrund
trat, während man das Augenmerk nun auf die zahlreichen neuen Krisen richtete, die
im Gefolge des Ost-West-Konfliktes entstanden. Damit trug man wohl unbewußt
auch dem Zeitgeist Rechnung, der von einer besinnenden Rückschau nichts mehr
wissen wollte und statt dessen nach Deutschlands Rolle im Weltgeschehen zu fragen
begann. Der Unwille der Öffentlichkeit über eine unausgesetzt schonungslose Auseinandersetzung
mit der Vergangenheit hatte 1949 zur Einstellung der Zeitschrift Die
Wandlung in Heidelberg geführt,174 1950 stieß ihr Herausgeber, Dolf Sternberger, als
weiterer Mitherausgeber zum Kreis der Gegenwart. Zwar versuchte man hier, im
Gegensatz zur Wandlung, einen gemäßigteren und liberaleren Kurs zu fahren, doch
zog auch die Gegenwart mit ihrer Haltung in den folgenden Jahren Kritik auf sich.

Die Zustimmung von konservativer und Unternehmerseite, die beispielsweise
Wilhelm von Opel 1947 geäußert hatte,175 wurde leiser. 1953 resümierte Benno Reifenberg
über den politischen Standort der Zeitschrift, die Gegenwart werde sowohl
von der Regierung als auch von der Opposition gelesen. „Dabei wird sie vielfach von
der Regierungsseite als kryptosozialistisch angesehen, hingegen niemals von der
SPD als ein kryptokapitalistisches Blatt. De facto stellt jedoch die ZS das einzige
bürgerliche Organ dar, dessen Kritik an der SPD von der Partei seit Schumacher
ernst genommen worden ist." Dem stehe gegenüber: „Die Autorität der ZS steht in
umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Auflage. Sie interessiert nur einen Bruchteil der

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