http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2001/0223
Rückschritt oder Aufbruch?
Lebenswirklichkeiten in Freiburg während der
Nachkriegsj ahre
Von
Ursula Huggle
Das Jahr 1949 war auch für Freiburg und seine Einwohner ein Wendepunkt. Hunger
und Not der ersten Nachkriegsjahre waren zu einem großen Teil überwunden - es
ging wieder aufwärts.
Wie konnte dieser Wandel innerhalb so kurzer Zeit vor sich gehen, und wie ist es
den Menschen in der Stadt während dieser Jahre ergangen? Drei Themenbereiche
sind der ersten krisenhaften Phase bis zur Wende gewidmet: Sie befassen sich mit
dem sozialen Elend - Hunger, Krankheit und Wohnungsnot -, mit den Requisitionen
, Demontagen und der Entnazifizierung und schließlich mit der französischen
Besatzungsmacht, die diese Jahre mit geprägt hat.
Die Wende erfolgte mit der politischen und ökonomischen Weichenstellung der
Jahre 1948/49. In der Wirtschaft beginnt die Zeit des Aufbruchs durch Marshallplan,
Währungsreform und Zonenöffnung. In der Landeshauptstadt Südbadens, in Freiburg
, verändert sich das Bild durch die seit 1949 einströmenden Flüchtlinge und Vertriebenen
, die „fruchtbare Initiative und guten Willen" einbrachten, wie ihnen die
Stadtverwaltung bescheinigte.1
Krisenhafte Jahre
Erste Maßnahmen der französischen Besatzungsmacht
Im Januar 1945 schrieb eine junge Frau aus Baden an ihre Verwandten:
„Ich glaube, daß der Krieg trotz der vielen Toten, die wir verloren haben [auch ihr
Bräutigam war darunter] verloren ist. Unsere ganze Existenz wird vernichtet, unsere
Städte und Dörfer werden ausgebrannt und vernichtet, die Dörfer mit Städtern überfüllt
und im wahrsten Sinne des Wortes ausgefressen. Autos wird es nach dem Krieg
in ganz Deutschland nicht mehr geben ... Bald werden wir nicht mehr genügend
Lebensmittel zur Verfügung haben, um all den vielen Menschen den Hunger zu
stillen. Es ist zum Verzweifeln!"2
Diese Zukunftsvision sollte voll und ganz eintreffen, nachdem am 21. April 1945
die ersten französischen Panzer in die Stadt Freiburg eingefahren waren und das
Ende des Kriegs angekündigt hatten. Noch kurz zuvor hatte Badens Gauleiter Wagner
geäußert, dass sich die Bevölkerung den Westalliierten „teils mit Begeisterung,
teils aber doch ohne inneren Widerstand in die Arme" werfe.3 Die einen begrüßten
die Soldaten als Befreier und dankten Gott, die anderen gab es plötzlich nicht mehr,
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